Gottes Gnade ist nicht käuflich!


Ich bin in einer katholischen Gegend - der Mosel - aufgewachsen und bin in dieser Kirche groß geworden. Deshalb kenne ich das Aufstellen von Kerzen bzw. das Bestellen für Messen in bestimmten Anliegen, die vor Gott gebracht werden sollen. Weil die katholische Kirche die Lehre des Fegefeuers hat, ist es für praktizierende Katholiken Usus, für ihre Toten Messen lesen zu lassen. Die Totenmesse bei der Beerdigung ist ohnehin ein Muss, für die eine Gebühr fällig wird. Auch das Sechswochenamt, dessen Bestellung man als selbstverständliche Pflicht empfindet, kostet einen Obulus, genauso wie das Jahrgedächtnis, das im Empfinden eines gläubigen Katholiken ebenfalls wie ein Muss empfunden wird.

Langer Rede kurzer Sinn: Man ist der Ansicht, Gott mit Kerzen und Messopfern milde zu stimmen; es erinnert mich irgendwie an heidnische Traditionen, in denen man ebenfalls opferte, um irgendwelche Götter milde zu stimmen. Auch hier stiftete man Kerzen. Im alten Babylon und im alten Ägypten gab es Personen, die sich im Tempel prostituierten und die Gelder an die Priester abführten. Die Babylonier warfen sogar Kinder in den brennenden Moloch, und dies bei lebendigem Leib. Auch die Inkas und Mayas brachten Menschenopfer dar und rissen oft Menschen das Herz bei lebendigem Leib heraus. Halloween geht auf eine irisch-keltische Tradition des Heidentums zurück, in denen man Familien, die kein Geld hatten, um sich frei zu kaufen, ein Kind in der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November wegnahm, um es zu opfern. Der Kürbiskopf, der von den Priestern vor dem Haus aufgestellt wurde, sollte zeigen, dass in dieser Nacht kein weiteres Opfer von der Familie verlangt werden durfte. Das Heulen und das Leid war dennoch unvorstellbar groß.

Ist die Gnade Gottes käuflich? Kann man sie mit Kerzen oder Messen bzw. sonstigen Opfern oder einer Werksgerechtigkeit erhalten? Macht es überhaupt einen Sinn, solches zu tun?
Nein, denn bei einem Propheten, auf den auch Jesus hinwies, heißt es, dass Gott Gefallen hat an Barmherzigkeit und nicht am Opfer. Dies wird auch deutlich im Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Tempeldiener und Priester hatten nichts Eiligeres zu tun als zum Gottesdienst zu kommen und scherten sich - mit Verlaub - einen Dreck um den Schwerstverletzten, der zu sterben drohte; nur ein Samariter, der zu den Ausgestoßenen jener Zeit gehörte, krempelte seine Ärmel hoch und half dem armen Mann.

Doch auch Werksgerechtigkeit als solche kann uns nicht retten. Wer von sich aus gerecht ist, kann den Himmel einfordern und stolz auf sich sein. Wer gearbeitet hat, hat Anspruch auf seinen Lohn. Gnade aber lässt sich weder erkaufen noch verdienen; sie wird einem geschenkt. Das passt uns Menschen nicht, weil wir uns nur ungern etwas schenken lassen. Wir wollen uns nämlich nicht verpflichtet fühlen.
Und doch macht es Sinn, dass Gnade ein Geschenk ist. Der arme Lazarus konnte sich keine Kerzen, geschweige denn noch Messen leisten, der Reiche schon. In dieser Geschichte hätte der arme Lazarus keine Chance auf Rettung gehabt, er wäre nie in Abrahams Schoß gekommen. Er hat sich die Gnade schenken lassen und auf Gott getraut.

Auch mit den Werken ist es im Grunde dasselbe: Nicht jeder hat die Möglichkeit, gute Werke zu tun. Das kann mit materiellen Begrenzungen zu tun haben, aber auch mit Krankheiten, Ängsten, Lebensumständen oder mit dem Alter: Kinder können nicht sehr viele gute Werke tun, weil ihnen die körperliche und geistige Reife fehlt, und Greise haben gesundheitliche Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, auch durch ein oft schweres und langes Berufsleben. Andere sind durch Ängste und / oder Depressionen eingeschränkt.

Das ist beruhigend: Gnade steht jedem offen, dem armen Lazarus und den Hirten, die als Erste von Jesu Geburt gehört haben genauso wie dem reichen Nikodemus oder den Weisen aus dem Morgenland. Gott kennt keine Standes- oder Klassenunterschiede. Reichtum kann ihm nicht imponieren; letztendlich ist sowieso alles Ihm.
Die Tatsache, auf Gnade als Geschenk angewiesen zu sein, macht auch bescheiden. Und es macht das eigene Herz größer. Im Wissen, dass Gott mir gnädig war und ist, kann ich vergeben und muss mich nicht mit Altlasten herumquälen. Es bringt aber auch das Gottesbild wieder zurecht: Wer meint, Gott mit Kerzen und Messopfern "kaufen" zu können, stellt Gott zumindest unbewusst als korrupt dar.

Dies war auch die grosse Irrlehre des Ablasshandels; Tetzel sagte immer wieder: "Wenn die Münze im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!" In Wirklichkeit waren weder der Papst noch die Ablasshändler an dem Heil der Seelen interessiert, sondern daran, dass der Petersdom finanziert und gebaut werden konnte. Welche Höllenängste müssen die gehabt haben, die nicht genug hatten, um sich das Nötigste zum Essen zu kaufen?

Ein Gott, der käuflich wäre, wäre zugleich ungerecht und unbarmherzig. Mir wäre es unerträglich, wenn es einen solchen Gott gäbe. Der Gott der Liebe schenkte Seinen Sohn, damit wir leben können auf ewig. Jesus Christus hat unsere Rechnung bezahlt; dieses Geschenk müssen und können wir annehmen. Es kostet nichts, nur unser Ja aus ganzem ehrlichen Herzen. Jesus allein genügt. Das beruhigt, das macht sicher, das lässt mich auch im Ärmsten meinen Bruder oder meine Schwester sehen.


(Autor: Markus Kenn)


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