Menschen abholen, wo sie stehen


Wenn in evangelikalen Gemeinden davon gesprochen wird, wie man das Evangelium am Besten verbreitet, dann heisst es immer, dass man die Menschen dort abholen soll, wo sie gerade sind. Sprich: In ihren ganz persönlichen Sorgen und Nöten, in ihren Hoffnungen und Träumen, dort also, wo sie gerade stehen und womit sie beschäftigt sind. Man muss auch die Mentalität des Anderen erkennen und sich da hinein versetzen können: Einen intellektuellen Menschen erreicht man auf der Verstandesebene, einen emotionalen dagegen auf der Gefühlsebene.

Mit den Hoffnungen und Träumen von Anderen können wir uns oft selbst identifizieren oder sie zumindest nachvollziehen, denn wir hoffen alle, dass es unseren Kindern einmal besser gehen wird, wir haben zumindest irgendwann auch mal einen Traumberuf gehabt, auch wir träumten vielleicht davon, einmal reich und berühmt zu sein.

Schwieriger wird es aber mit den Sorgen und Nöten eines Anderen; unsere menschliche Natur flieht vor Krankheit, Trauer, Tod, Leid. Wir tun uns schwer damit, Hunger, Durst und Elend zu sehen. Wir fühlen uns in Anbetracht von Flucht, Einsamkeit, seelischen Nöten und Kümmernissen oft überfordert, und als Einzelne können wir ohnehin nicht alle Not dieser Welt auf unseren Schultern buckeln. Wir fühlen uns ohnmächtig, überfordert, meinen, wir könnten ja doch nichts tun.

Doch Gott gibt uns einen Auftrag, und dieser ist nicht unerfüllbar. Letztendlich können wir etwas tun an dem Platz, auf den Gott uns stellt. Dort ziehen wir Kreise wie der berühmte Stein, der ins Wasser fällt. Wir erreichen die Menschen, wenn wir mit offenen Augen da stehen.

Menschen abholen, wo sie gerade sind, das können wir, in dem wir einen kranken Nachbarn besuchen, einer älteren Dame aus unserem Umfeld beim Einkauf helfen, einem Trauernden, den wir kennen, Hilfe anbieten. Kleine Gefälligkeiten können wir als Einzelne zumindest meistens buckeln.

Doch natürlich können wir nicht alles: Alleine sind wir kaum in der Lage, eine Wärmestube, eine Armenküche, ein diakonisches Werk zu gründen oder zu führen. Das können wir nur in der Gemeinschaft als Gemeinde, als Kirche, als Hauskreis. Je nach Grösse der Aufgabe müssen wir mit mehreren Gruppen zusammenarbeiten. Aber das geht. Wer sagt denn, dass es keine Hilfsorganisation geben darf, die über die Grenzen der einzelnen Denomination hinausgeht? Warum sollen z. B. Baptisten nicht zusammen mit Menonniten, Lutheranern und Methodisten gemeinsam eine Hilfsorganisation aufstellen oder einen Hilfstransport machen?

Dann können wir Menschen erreichen, die einsam sind, arm, die sich vielleicht keine Kleidung leisten können oder eine Tafel gründen für die, die kaum über die Runden kommen. Vieles ist ja schon im Gange, anderes wird angestossen.

Es müssen nicht immer neue Organisationen sein. Wir können uns auch in und für die Heilsarmee engagieren, die sehr viele soziale Einrichtungen unterhält. Ich selbst kann die Karmelmission dadurch unterstützen, dass ich Briefmarken, Ansichtskarten und Telefonkarten sammele und dort hinschicke. Auch indirekt kann man Menschen dort abholen, wo sie sind.

Wir dürfen unsere Augen offen halten, wir dürfen kreativ sein. Es gibt viel zu tun. Packen wir es an und gehen auf die Menschen zu.


(Autor: Markus Kenn)


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