Schweizer Volksentscheid: Minarettverbot


Nicht in die rechte Ecke

Auch wenn aus den überwiegend ablehnenden Reaktionen gegen den Schweizer Volksentscheid vielfach die Sorge um das hohe Gut der Religionsfreiheit spricht, geht Ihr Kommentator mit seiner Warnung vor dem, „was sich da nicht nur in der Schweiz an Intoleranz zusammenbraut“ am Kern der Sache vorbei. Wer sich näher mit der Sache befasst hat, weiß, dass der Volksentscheid sich nicht gegen die muslimische Gemeinschaft oder deren freie Religionsausübung (einschließlich Moscheen) richtete, sondern gegen das Minarett, das – wie auch in Ihrer Rubrik „Lexikon“ zu lesen ist – früher als Wachtturm und Machtsymbol diente und auch heute eher machtpolitische denn religiöse Bedeutung hat. Die gegen den Neubau von Minaretten stimmende Mehrheit der Wähler in die rechte Ecke zu rücken, ist somit ebenso inakzeptabel wie die Gleichsetzung von Millionen von Menschen mit Bin Laden, Ahmadinedschad und den Taliban. Gleichwohl gibt es im Islam Kräfte, die bestrebt sind, das durch die zunehmende religiöse Gleichgültigkeit in den westlichen Ländern verursachte Vakuum zu füllen. Als Antwort hierauf gilt, was der CDU-Politiker Armin Laschet, Nordrhein-Westfalens Integrationsminister und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, wie folgt zum Ausdruck bringt: „Wir sollten uns fragen, was wir dafür tun können, dass wir mit unserem christlichen Glauben stärker wahrgenommen werden.“ Das würde – so paradox es klingt – auch die Position der vielen auf Integration bedachten Muslime stärken.

(aus Wiesbadener Tagblatt, 11.12.2009)


(Autor: Gerhard Nisslmueller)