Davids Gebet in Anfechtung



Der sechste Psalm wird auch als der erste Bußpsalm bezeichnet: David bittet hier Gott eindringlich, dass er nicht gestraft und gezüchtigt wird: Der eigenen Schuld bewusst, bittet David - der Mann nach dem Herzen Gottes - um die Gnade Gottes, um Sündenvergebung, um Errettung. Es erscheint ihm eine Ewigkeit zu sein, bis der Herr endlich antwortet.

David ist wirklich zerknirscht: Sündenbewusst ist er voller Angst und weint über seine Schuld; seine müde geweinten Augen mögen wohl kaum noch etwas erkennen. In einer solchen Situation ist man voller Demut. Dann ist man am Ende und gibt vor Gott zu, bedingungslos kapitulieren zu müssen.

Sind wir uns auch bewusst, dass wir in unserer Schuld vor Gott nicht bestehen können? Oder blenden wir uns mit unserer Selbstgerechtigkeit? - Ja, wir halten uns für gut: Schließlich spenden wir ja, wir begehen keinen Raub, keinen Mord ... Wir halten uns an die Gesetze, bezahlen unsere Rechnungen, unsere Mieten, unsere Abgaben und unsere Steuern pünktlich. Es scheint alles Bestens zu sein.

Wirklich? - Nun denn: Wo mir doch Lieschen Müller hinten ins Auto gefahren ist: Da habe ich nicht nur die Stoßstange, die dabei kaputt ging, erneuern lassen, sondern auch das Rücklicht, das schon länger kaputt ist. Und die Steuer betuppt doch jeder! Die Spende kann ich eh von der Steuer absetzen. Die Abtreibung ist doch keine Tötung; das ist doch bloß ein Zellklumpen. Auch mit der Wahrheit nimmt es eh niemand so ganz genau. Und da war ja noch der geklaute Apfel, die unbezahlte Rechnung des Versandhauses, denn ich habe das Paket ja nicht bekommen, obwohl ich es erhalten habe, die zuviel aufgeschriebene Spesen, die Gefälligkeitslüge vor Gericht ...

Wo sind wir denn schuldlos? Wir mögen die ein oder andere Sünde nicht begangen haben, doch letztendlich müssen wir zugeben, dass wir da und dort gesündigt haben. Vielleicht wollten wir es nicht, vielleicht waren wir der Ansicht, sogar etwas Gutes zu tun, doch vor Gott sind wir schuldig.

Vor allem gibt es da den so genannten Gruppendruck. Bei grösseren Kindern und Jugendlichen ist der kleine Ladenhausdiebstahl die Mutprobe; dabei ist nur der wirklich mutig, der genug Rückgrat hat und sich dem Falschen verweigert, auch wenn er in der Gruppe als Weichei, Schwächling und Feigling verunglimpft wird. Auch im Erwachsenenalter sind wir diesem Gruppendruck ausgesetzt: Der unanständige Witz, das Mitgehen in zweifelhafte Lokale bei der Kegeltour, das Herziehen über einen Arbeitskollegen und, und, und ....

Tut uns das wirklich gut, wenn wir dies tun? Mit jeder Sünde schaden wir uns selbst. Der Versicherungsbetrug, die Steuerhinterziehung mögen uns ein Mehr an Geld einbringen, vielleicht sogar eine große Summe, doch in Wirklichkeit werden wir ärmer: Wir zerstören unser Gewissen. Wir verlieren unsere moralische Festigkeit. Wir werden schwächer, was die Widerstandskraft gegen das Böse angeht. Wir werden zu Heuchlern, weil wir sagen, dass wir für das Gute sind, doch wer wirklich für das Gute ist, darf das Böse nicht tun, sondern muss es meiden!

Deshalb ist es ratsam, dass wir uns vor schlechten Einflüssen bewahren: Das ist auch der Grund, warum Suchtkranke, die trocken oder clean geworden sind, oft woanders hinziehen; das Milieu, in dem sie einst verkehrten, möchten sie nicht wiedersehen, damit sie nicht rückfällig werden. Natürlich müssen wir nicht unbedingt umziehen, natürlich kann das auch nicht jeder. Familiäre und berufliche Verpflichtungen und vielleicht auch der Mangel an finanziellen und anderen Möglichkeiten mögen die Gründe hierfür sein. Dennoch können wir "die Übeltäter", die uns verführen wollen, meiden. Müssen wir denn wirklich zum Stammtisch, in dem nur schmutzige Witze gerissen werden? Man kann sich entziehen.

Ich erinnere mich dabei an eine Situation: Ein Arbeitskollege schlug vor, dass wir an einem freien Tag in ein Bordell fahren; ich verweigerte mich. Ja, ich bekam Druck, doch muss ich mich wirklich diesem beugen? Hier fällt mir der Satz eines Psychologen ein, der in einem völlig anderen Zusammenhang sagte: "Wieso muss ich dies und jenes tun? Dafür entscheide ich mich letztendlich." Das ist ein wahrer Satz. Wir sind es, die entscheiden, dem Druck nachzugeben oder auch nicht.

Wenn wir Gottes Gebote befolgen, dann sind es nicht wir, die Umkehr nötig haben, sondern die Feinde, diejenigen, die sich durch ihre Sünden zu Feinden Gottes machen. Halten wir der Anfechtung stand: Es dient zu unserem eigenen Besten und wird auch zum Segen für Andere werden.


(Autor: Markus Kenn)


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