Bei dir, oh HERR, ist Zuflucht für jeden



Was haben Waisen und Witwen gemeinsam? Sie sind Verlassene, Einsame, Heimatlose. Solche Heimatlosen waren die Israeliten in Ägypten. Psalm 68 redet zunächst von ihnen. In fremdem Land, geknechtet, gepeinigt, fern von dem Land der Verheißung mussten sie ihr Leben fristen. Israel in Ägypten - das ist wie das Waisenkind, das seine leiblichen Eltern verloren hat. Es wird nun von einem Adoptivvater erzogen. Dieser Adoptivvater - Ägypten - war zunächst sehr gastfreundlich (man denke nur an das freundschaftliche Verhältnis zwischen Joseph und Pharao in der Väterzeit!).Nach und nach aber ging dieser Adoptivvater zur Ausbeutung seines Kindes über. Israel in Ägypten - das ist auch wie die Witwe, die ihren Mann verloren hat. Sie hat einen neuen Mann gefunden, der sie nun unterdrückt und schlägt: "Die Ägypter zwangen die Kinder Israels unbarmherzig zum Dienst und machten ihnen ihr Leben sauer mit schwerer Arbeit in Ton und Ziegeln und mit mancherlei Frondienst auf dem Felde, mit all ihrer Arbeit, die sie ihnen auflegten ohne Erbarmen" (2. Mose 1,13 f.).

"Und die Kinder Israels seufzten über ihre Knechtschaft und schrien, und ihr Schreien über ihre Knechtschaft kam vor Gott. Und Gott erhörte ihr Wehklagen" (1. Mose 2,23 f.). Gott hört, Gott erhört das Schreien Seines verwaisten und verwitweten Volkes und erbarmt sich. Er hat eine heilige Wohnung. Er lädt die Waisen ein als Vater. Er lädt die Witwen ein als Helfer. Er lädt Israel ein als HERR. Er lädt alle Einsamen ein als Quell der Geborgenheit, der Fülle, der Freude, des wahren Reichtums und Lebens. Er ist ein Gott, der die Einsamen, die Verlassenen nach Hause bringt.

Gott will auch uns nach Hause führen. Wie weit sind wir oft von Ihm weg! Wie sehr kreisen wir um uns selber und bleiben wie ein Kreisel auf derselben Stelle stehen, anstatt auf Gott zuzugehen! Gott will diese Kreiselbewegung beenden und eine Zielbewegung daraus machen. Nicht Kreisel, sondern Pfeile sollen wir sein: Pfeile, die auf Gott hinzielen (nicht verletzend, sondern hoffnungsvoll sich ausstreckend). Und Pfeile, die auf Gott hinzeigen, damit auch andere die heilige Wohnung bei Ihm erkennen!

Es ist schlimm, wenn man den Ehegatten oder die Eltern verloren hat, aber noch schlimmer ist es, wenn man Gott nicht seinen Vater und Jesus nicht seinen Bruder nennen kann. Gott hält eine Wohnung für uns bereit, die uns keiner rauben kann, auch nicht der Tod. Inmitten der Vergänglichkeit der Welt bleibt Gott doch der Fels der Beständigkeit, inmitten des Leids der Balsam des Trostes, inmitten des Todes die Quelle des Lebens. Auf mehreren Glaubenskonferenzen ist mir das Motto begegnet "Auf Gott verlassen - nie verlassen". Wir sind glücklich zu schätzen, wenn wir dies nicht nur über diesen Tag, sondern über unser ganzes Leben schreiben können. Wir beten:

Bei dir, oh HERR, ist Zuflucht für jeden, groß und klein.
Der Sperling findet Raum selbst für sein Nest.
Wer durch das dürre Tal zieht, wird reich gesättigt sein,
wenn er den Weg mit Dir, HERR, nicht verlässt.

Ein Tag in Deiner Nähe ist viel mehr wert, oh Gott,
als tausend Tage fern von Deinem Ort.
Wie reich wird der gesegnet, der festhält Dein Gebot.
HERR, Deine Güte nimmt den Mangel fort.

Wie lieb ist mir die Wohnung ganz nahe, HERR, bei Dir.
Ich finde keine Ruhe in mir selbst.
Bei Dir bin ich geborgen und Frieden schenkst Du mir,
weil Du mich fest in Deinen Händen hältst.


(Autor: Lothar Gassmann)


  Copyright © by Lothar Gassmann, www.christliche-themen.de
  Dieser Inhalt darf unter Einhaltung der Copyrightbestimmungen kopiert und weiterverwendet werden