Jesus im Garten Gethsemane


"... Mein Vater, ist's möglich, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst! ... Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach. ..."

Matthäus 26, 36-46

"... Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst! ... Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach. ..."

Markus 14, 32-42

"... Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt! ... doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe! ..."

Lukas 22, 39-46

Jesus verbrachte die letzten Stunden vor Seiner Verhaftung im Garten Gethsemane: Er wusste, was Ihn erwartete, und Er hätte fliehen können. Doch Er blieb standfest, Er war ja deshalb auf die Erde gekommen und Mensch geworden, um uns zu erlösen, um uns zu retten. Dieser Weg - das hat Er bereits gewusst, bevor Er auf die himmlische Herrlichkeit und Seine Allmacht verließ - würde kein leichter sein. Deshalb hatte Jesus Todesangst. Es ist daher verständlich, dass Er sich wünschte, dass jener Kelch an Ihm vorüber gehen würde. Sein Vater hätte Ihm Legionen an Engeln geschickt, wenn Jesus Ihn darum gebeten hätte, aber Jesus wusste nur zu gut, dass dann alle Menschen verloren gehen würden, Maria, die Mutter Seiner menschlichen Natur, eingeschlossen.

Aus diesem Wissen und aus Liebe zu uns Menschen unterwarf sich Jesus dem Willen des Vaters: Das ist zugleich ein Beweis für Seinen Mut, Seine Tapferkeit und Seine Barmherzigkeit, für den wir Ihm nicht genug danken können; bei alledem dürfen wir die Tatsache nicht ausklammern, dass Gott uns hätte abschreiben können: Er bedarf unserer nicht. Gott genügt sich selbst. Und Er, der in Seiner Majestät und in Seiner Heiligkeit, von uns Menschen fortwährend beleidigt wird, dessen Gnade die Menschheit im Allgemeinen mit Füßen tritt, hat an für sich keinen Grund, Seinen eingeborenen Sohn dem grässlichsten und qualvollsten Tod, der überhaupt möglich ist, preiszugeben. Er selbst - Gott der Vater - litt unbeschreibliche Qualen, als Er sah, wie Sein eingeborener Sohn gefoltert wurde und qualvoll starb, verspottet von denen, welche Gott durch den Sühnetod Seines Sohnes die Hand der Versöhnung ausstreckte.

Dies hat sich nicht gewandelt: Die meisten Menschen wollen dieses Gnadengeschenk nicht, sondern sind Christus feindlich gesinnt. Der menschlichen Eitelkeit schmeichelt es nicht, dass sie sich den Himmel nicht selbst verdienen können, sondern sich die Erlösung schenken lassen müssen, um errettet zu werden. Wir Menschen lassen uns ungern etwas schenken, weil wir selbstständig, frei und niemanden etwas schuldig sein wollen. Es gibt sogar Experimente von Soziologen und Psychologen, bei denen versucht wurde, Menschen Geld zu schenken: Es handelte sich meines Wissens dabei um Summen von 10 Euro aufwärts bis 100 Euro: Je größer die Summe war, umso schwieriger war es, das Geld unter die Leute zu bringen. Die Meisten vermuten dahinter einen Haken, selbst wenn sie ganz genau wissen, dass sie juristisch auf der sicheren Seite stehen.

Darüber hinaus erscheint die Erlösung durch das Blut Christi viel zu einfach: Man stellt sich im kindlichen Vertrauen unter das Blut Jesu, bittet ehrlichen Herzens um Vergebung und darum, dass Jesus in das Leben von uns kommt und uns verändert. Für uns erscheint es wie eine Beleidigung des menschlichen Geistes und aller menschlichen Weisheit. Müssen aber deshalb Dinge immer kompliziert sein? - Viele Dinge sind halt eben einfach, und viele Erfindungen wie die der Büroklammer und der Sicherheitsnadel sind gerade deshalb so genial, weil sie unbeschreiblich einfach sind, womit allerdings das Erlösungswerk Jesu keinesfalls geschmälert werden soll; es soll nur erklären, dass nicht alles kompliziert sein muss.

In diesem Wissen schwitzte Jesus aus Angst im wahrsten und buchstäblichsten Wortsinne Blut und Wasser. Keiner von uns hätte diese Todesangst ausgehalten; gleichsam ist es eine Botschaft an uns, die nicht nur Seine übergroße Liebe und Seine ebenso übergroße Barmherzigkeit zum Ausdruck bringt, sondern uns auch sagt, dass wir in allen Ängsten zu Ihm kommen können: Wer eine solch enorme Angst durchlebt hat, versteht jede Angst, mag sie auch noch so klein oder noch so groß sein. Da ist man mit jeder Panikattacke, mit jeder Phobie sehr gut aufgehoben. Und wer eine solche Liebe zeigt, der stößt keinen weg, weder den Reichen noch den Armen. Keiner ist zu zerlumpt, keiner ist zu dreckig oder zu niedrig: Bei Jesus gibt es keine Unberührbaren!

Sein qualvoller Tod ist zugleich auch der Beweis dafür, dass wir Ihm nicht nur unser Leben, sondern auch unser Sterben anvertrauen können; Er hat das tiefste Tal durchlebt, von Gott, Seinem Vater, getrennt, weil die Sünde der Welt, die Gott, der Vater nicht sehen kann, auf Ihm lag. In dieser absoluten Gottverlassenheit, in dem Schrei: "Mein Gott, mein Gott: Warum hast Du mich verlassen!" liegt auch das absolute Verständnis für unsere Todesleiden, für unsere Todesangst, für unsere Angst vor dem Sterben. Deshalb verstehen es Christen zu sterben; oft sind die Angehörigen, die Pfleger und Schwestern sowie die Ärzte erstaunt darüber, mit welcher Tapferkeit und welchem Gleichmut Christen sterben, weil sie begleitet werden von Jesus und wissen, dass sie nun in die ewige Heimat gehen.

Aber auch die Einsamkeit in den schwersten Stunden Seines Lebens ist eine Botschaft an uns: Er selbst erlebt die Treulosigkeit Seiner engsten Vertrauten, angefangen vom Verrat des Judas - und dies für einen relativ läppischen Geldbetrag! - über das Schlafen der Jünger, die nicht einmal eine Stunde mit Ihm zu wachen vermögen und die Seine Angst nicht einmal spüren, bis hin zur Verleugnung des Petrus, der doch so vollmundig, geradezu großmäulig behauptet hatte, mit Jesus sogar in den Tod zu gehen. Das tut gerade in einer solchen Stunde weh, und es schmerzt doppelt, wenn die Jünger nicht einmal so halbwegs versuchen, die Augen offen zu halten, sondern schlafen als sei nichts selbstverständlicher auf der Welt.

Auch wir - jeder Einzelne von uns - haben Treulosigkeiten und Verrat erlebt, haben bemerkt, wie es ist, wenn uns Freunde verraten und ans Messer liefern, wenn die eigene Familie sich unserer schämt usw. Es ist zwar nichts im Vergleich zu dem, was Jesus in Gethsemane durchlitten hat, doch wir kennen den Schmerz der Einsamkeit und der Verlassenheit. Freunde - so die Erfahrung - hat man viel, wenn es einem gut geht, wenn man gesund und erfolgreich ist, doch es sind Wenige, die übrig bleiben, sobald Krankheit, Not, Alter, Verfall und Tod kommen. Als es meinem Vater gesundheitlich immer schlechter ging und es sich abzeichnete, dass er nicht mehr lange auf dieser Erde zu leben hat, bemerkte ich auch, wie die, welche so große Freundschaft geschworen hatten, sich heimlich, still und leise zurück zogen.

In den Heimen leben Menschen, die mit aller Liebe Kinder groß gezogen haben und die nun niemand mehr besucht. In unseren Hochhäusern sterben Einsame unbemerkt: Keinen stört es, wenn sich vor der Tür die Zeitungen stapeln und der Briefkasten überquillt; man klaut vielmehr die Milch und die Brötchen, die offensichtlich nicht mehr herein geholt werden und beschwert sich irgendwann beim Hausmeister, bei der Hausverwaltung oder der Polizei über den widerlichen Geruch und ist für ein Weilchen erschrocken darüber, dass jemand da gestorben ist, den man eigentlich hätte kennen müssen.

Wer eine solche Einsamkeit, eine solche Treulosigkeit und eine solche unmenschliche Gleichgültigkeit erleben muss, der weiß, wie schlecht man sich fühlen kann. Aber Jesus, der eine noch grässlichere Einsamkeit durchlebt hat, versteht uns und ist bei uns. Ich selbst, der als Kind ein Ausgestoßener gewesen ist und auch später da und dort Ausgrenzung erleben musste, hat erfahren, dass Jesus durchträgt und liebt, auch wenn einen jeder hasst. Ganz gleich, wie fest die Familienbande auch sein mögen - und ich gönne jedem eine gesunde, starke und solidarische Familie! -, so ist sie dennoch keine Garantie dafür, dass man nicht im Stich gelassen wird.

Jesus aber bleibt bei uns, auch wenn uns der Vater verleugnet, die Mutter verstoßen hat und die Geschwister einen nicht mehr kennen. Selbst wenn sich unsere Familie, unsere Freunde, unsere Kameraden und Kollegen sich von uns los sagen, wenn sich unsere Bekannten und Nachbarn von uns abwenden, wenn die ganze Menschheit die Straßenseite wechselt, wenn sie uns entgegen kommen sieht, so bleibt Jesus doch bei uns und versteht uns in dieser Einsamkeit und Verlassenheit. Auch wenn wir rufen, warum Gott uns verlassen habe, auch wenn unser Gefühl uns glauben machen will, dass Gott sich nicht für uns interessieren würde, so ist Jesus doch bei uns und reicht uns Seine brüderliche, starke Hand, und die Hand des Vaters ist schützend über uns.

Im Garten Gethsemane hat Jesus die Schwere Seines Weges durchlebt, die Einsamkeit, die Verlassenheit, den Verrat, die Verleugnung, das Abwenden der Jünger, die Gleichgültigkeit. Er war allein und von Todesangst geschüttelt. Deshalb versteht Er uns in allen Tiefen und Abgründen unseres Lebens, und Er bietet uns Seine rettende Hand aus dem Sumpf von Sünde und Schuld. Er geht mit uns durch alles Leid, allen Irrsinn unseres Lebens. Sagen wir Ja zu Ihm!


(Autor: Markus Kenn)


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