Der Mensch ist vergänglich.



Sterblichkeit ist eine Eigenschaft, welche im Neuen Testament nur in Verbindung mit dem irdischen Leib gebraucht wird (vgl. Römer 6,12; 8,11; 1. Korinther 15,53 f.; 2. Korinther 4,11; 5,4). Denn der irdische Leib gehört zur Sphäre des Sichtbaren und Vergänglichen (2. Korinther 4,18). Der neue Leib aber, welcher dem in seiner personalen Kontinuität weiterexistierenden Menschen bei der Auferstehung am Jüngsten Tag zuteil wird, ist unvergänglich (1. Korinther 15,35-54; 2. Korinther 5,1-10; Philipper 3,21).

Auch wenn es somit nach biblischer Lehre eine Unsterblichkeit des Menschen (oder - wenn man so will: der Seele) gibt, ist diese Auffassung von der Unsterblichkeit mit heidnisch-platonischen Vorstellungen keineswegs identisch. Die Unterschiede zwischen biblischer und heidnisch-platonischer Unsterblichkeitsauffassung sind gravierend. Es handelt sich vor allem um folgende vier Punkte:

a. Die platonische Philosophie betrachtet den Leib als "Kerker der Seele" und wertet ihn damit gegenüber dem Seelisch-Geistigen ab. - In der Bibel hingegen wird betont: "Das Wort wurde Fleisch" (Johannes 1,14). Der Mensch ist als Ganzheit "sehr gut" geschaffen worden (1. Mose 1,31). In der Bibel ist der Leib niemals zweitrangig, sondern wird als gute Schöpfung Gottes betrachtet.

b. Der platonischen Philosophie ist eine Auferstehung des Leibes fremd. Nach ihrer Vorstellung entkommt beim Sterben die Seele wie ein Schmetterling dem Körper. - Die Bibel legt hingegen die Betonung darauf, dass nach einem nur zeitweiligen leibfreien Zwischenzustand („Nacktsein“, „Entkleidetsein"; vgl. 2. Korinther 5,1-10) die leibliche Auferstehung erfolgt. Der irdische Leib stirbt zwar; das leibliche Dasein des Menschen wird aber dadurch keineswegs abgewertet, was in der leiblichen Auferstehung Christi und der vorausgesagten zukünftigen leiblichen Auferstehung aller Menschen zum Ausdruck kommt (1. Korinther 15). Die Seligkeit der Seelen wird daher in der Heiligen Schrift immer verstanden unter dem Gesichtspunkt der Auferstehung des Leibes, also einer neuen Leiblichkeit der Seelen.

c. Die platonische Philosophie lehrt, dass nach dem Tod "das Göttliche im Menschen" zu "Gott" (stark pantheistisch verstanden) zurückkehrt. Unsterblichkeit wird hier als eine qualitative Veranlagung betrachtet, die jedem Menschen von Natur aus eignet - unabhängig von irgendeiner Beziehung zu einem personalen Gott. - Die Bibel kennt ein solches "Göttliches" nicht, das im Menschen veranlagt sei, sondern spricht von der Sündenverfallenheit jedes Menschen von Natur aus und dem daraus resultierenden Tod, dem bei zu irdischen Lebzeiten versäumter Umkehr die ewige Verdammnis folgt. Das ewige Leben - verstanden als ewiges Heil - ist ganz allein Gottes Gabe und freies Geschenk (Römer 6,23; Matthäus 25,31 ff.; Offenbarung 21,11-15). Gott allein besitzt Unsterblichkeit (1. Timotheus 6,16), aber Er verfügt über die Unsterblichkeit und verleiht sie dem Menschen - zum ewigen Heil oder ewigen Unheil, je nach dem, ob er zu Gott gehört.

d. Die platonische Philosophie geht von einer Präexistenz des Menschen (Existenz vor seiner Zeugung) - zum Teil sogar verbunden mit einer "Seelenwanderung" - aus, während die Bibel das klar verneint. Die Bibel kennt zwar einen Plan Gottes für das Leben des Menschen vor seiner Zeugung (vgl. Psalm 139,16; Jeremia 1,5) und eine ewige Erwählung von Menschen durch Gott (Epheser 1,4); aber von einer Existenz des Menschen vor seiner Zeugung ist dabei nicht die Rede. Der Präexistenzgedanke findet sich in der Bibel allein im Blick auf den Logos Jesus Christus (Johannes 1,1 ff.; 8,58; Philipper 2,5 ff.). Dem Menschen ist es gesetzt, "einmal zu sterben, danach aber das Gericht" (Hebräer 9,27).

Der Mensch ist also vergänglich. Sein ewiges Leben und seine Seligkeit hängen allein von Gott ab, der über das Leben verfügt. Halten wir diese Erkenntnis fest, damit wir klug werden und nicht der ewigen Verdammnis verfallen! Wir beten:

Ein Mensch ist vor Dir wie das Gras, das erblüht
und das schon am Abend verdorrt.
Auch wenn er sich täglich hier quält und bemüht,
so muss er doch bald wieder fort.
Doch Du, unser Gott, bleibst in Ewigkeit
und hältst uns an Deiner Hand.
HERR, mache uns jetzt schon in dieser Zeit
mit Deinem Erbarmen bekannt.

Und sind tausend Jahre vor Dir wie ein Tag,
oh Gott, der Du alles erschufst,
so bist Du uns dennoch an jedem Tag nah –
auch dann, wenn Du uns zu Dir rufst.
HERR, lehr' uns bedenken: Wir sterben bestimmt.
Nur wer dies beachtet, wird klug.
Wir seh'n, wenn das Licht unsres Lebens verglimmt,
dass allzeit uns Deine Hand trug.


(Autor: Lothar Gassmann)


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