Die erste Gemeinde



Die erste Gemeinde, die unmittelbar nach der Pfingstpredigt Jesu gegründet wurde, war sehr vorbildlich: Sie nahmen die Buße ernst; weil sie wussten, dass sie von aller Schuld durch das Blut Jesu rein gewaschen worden sind. Deshalb trennten sie sich von ihren bisherigen falschen Verhaltensmustern, von ihrem Leben im Fleisch. Sie haben sich auch aus dem verkehrten Geschlecht erlösen lassen: Das bedeutet zugleich, dass sie auch bereit gewesen sind, sich von Bekannten und Freunden zu trennen, die für ein geistliches Wachstum kontraproduktiv gewesen wären.

Gleichzeitig aber waren sie beständig in der Lehre der Apostel: Irrlehrer hatten bei ihnen keine Chance. Das reine, glasklare, unverfälschte Evangelium war der Leitfaden ihres Glaubens und ihres Handelns. Ihnen wäre es nie in den Sinn gekommen, mit einer historisch-kritischen Methode das Wort Gottes auch nur ansatzweise in den Bereich der Märchen, Mythen, Legenden und Sagen zu schieben, und sie hätten realistischerweise nicht das geringste Verständnis dafür gehabt, wenn man ihnen die Wunder Jesu tiefenpsychologisch gedeutet hätte; sie wurden ja durch die Apostel selbst Zeugen der Wunder, und sie kannten die Allmacht Gottes, der sie vertrauten. Auch hierin war und ist die Urgemeinde für uns ein Vorbild.

Sie blieben zugleich in der Gemeinschaft; diese Gemeinschaft galt untereinander als auch in der Beziehung zu Gott. Untereinander bedeutete, dass man sich in den Privatwohnungen traf, dass man einander geschwisterlich begegnete, dass man miteinander auch privat verkehrte. Diese Geschwisterlichkeit schloss andere Familien ebenso ein wie etwaige Singles. Stände und Klassen, berufliche und soziale Grenzen spielten keine Rolle. Wer in Not war - materiell, geistlich, durch Krankheit oder durch Trauer, um nur einige Beispiele zu nennen - konnte sich gewiss sein, Hilfe zu bekommen. Man war einfach füreinander da.

Heutzutage haben die Kirchen oft Schwierigkeiten, Freiwillige zu finden, die Arbeiten in der Gemeinde übernehmen oder sich bereit erklären, Alte, Kranke und Einsame zu besuchen. Andererseits sind Gemeinden oft auch versucht, einzelne Mitglieder, die sich einbringen wollen und können und sich anbieten, einfach zu übersehen. Hier ist auf beiden Seiten der Bedarf vorhanden, sich aufeinander zuzubewegen. Genauso wenig, wie die Gemeinde nach dem Motto "Wir gehen den Weg des geringsten Widerstands" verfahren dürfen und Menschen, die sich nicht wirklich wehren können, in Arbeiten einteilen, die sonst niemand machen will, müssen Gemeindemitglieder auch bereit sein, den Müll herauszubringen und auch mal die Toiletten zu reinigen. Engagement ist keine Einbahnstraße.

Ebenso war man in beständiger Gemeinschaft mit Gott: Man las die Schriften und betete. Und wir? Wie oft steht die Bibel im Bücherschrank, doch was hat dort ein Ehrenplatz für einen Sinn? Bücher wollen gelesen sein, und gerade die Bibel ist ein überaus interessantes, aufschlussreiches Buch, durch das wir den Willen und das Wesen Gottes erforschen können. Wie können wir auch an Gott glauben, wenn wir nicht wissen, wie und wer Er ist? Sicher: Unser Verstand ist beschränkt, wir können Gott niemals ganz erfassen, doch wir können in unserem Verständnis wachsen.

Es ist so wie in jedem Beruf: Selbst der beste Zimmermann staunt nach jahrzehntelanger Tätigkeit, dass es hier noch einen Kniff, da noch eine Erleichterung gibt. Selbst ein Fünf-Sterne-Koch, der bekannt ist durch Kochbücher und Fernsehsendungen und mit bescheidensten Mitteln die besten Menüs hervorzuzaubern versteht, kann von mancher gestandenen Hausfrau noch einen Tipp fürs Kochen mitnehmen. Anders ausgedrückt: Selbst die besten, gläubigsten und großartigsten Theologen können über Gott noch eine ganze Menge lernen. Bibellese ist da sehr wichtig.

Auch Gebet ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens mit Gott. Es wäre angebracht, wenn unser Gebetsleben intensiver wäre. Was soll aus dem Christentum denn werden, wenn es gebetslos ist? Wir haben in unseren Gemeinden oft Zeit für Frauenfrühstücke und Männerabende, für Wanderungen und Grillfeste, aber selten Zeit für Gebet. Und auch in unserem Privatleben ist es schön, wenn wir morgens unmittelbar nach dem Aufstehen beten, wenn unser Gebet vor und nach dem Essen selbstverständlich ist und wenn wir im Gebet den vergangenen Tag vor dem Schlafen gehen noch einmal beleuchten. Es stünde besser mit uns selbst und mit unseren Gemeinden. Das rasche Wachsen südkoreanischer Gemeinden liegt vor allem an der Tatsache, dass dort ein reges Gebetsleben herrscht.

Ich bin überzeugt, dass die ersten Christen auch nicht gewachsen wären - weder geistlich noch zahlenmäßig - wenn sie nicht das Gebet gepflegt hätten. Gebet ist wichtig, es gehört dazu wie das tägliche Brot, wie die Luft zum Atmen. Durch Gebet öffnen wir uns Gott, der uns dadurch verändern kann. Gebet kommt keinen Monolog gleich, sondern ist ein Dialog zwischen uns und Gott. Wenn wir frisch verliebt sind, dann reden wir doch auch mit der Person, die wir lieben. Wenn wir Gott lieben, dann ist es auch normal, dass wir mit Ihm reden.

Gleichsam können wir von der ersten Gemeinde auch Solidarität lernen: Es war für alle selbstverständlich, dem zu helfen, der Hilfe brauchte. Derjenige, der vielleicht Hunger litt und Nahrung bekam, war natürlich auch bereit, sich beispielsweise für Arbeiten in der Gemeinde einplanen zu lassen. Auch heute können wir doch manchmal zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Mancher von uns ist vielleicht materiell arm und froh, wenn er Lebensmittel bekommt. Doch es ist für Niemanden wirklich schön, wenn er Almosenempfänger ist. Wie wäre es, wenn er dann bei älteren Leuten den Garten umgräbt und das Unkraut jätet, wenn er das Haus eines Gemeindemitgliedes hütet, der auf Geschäftsreise ist?

Und mancher ist vielleicht froh, wenn er als Rentner nicht einsam zuhause bleiben muss, sondern sein Wissen und seine Berufserfahrung einbringt, indem er vielleicht einige Renovierungsarbeiten durchführt. Und manch Jugendlicher, der eine technische Schul- und Berufsausbildung durchläuft, freut sich, wenn er praktisch einmal üben kann und die Homepage der Gemeinde gestaltet. Oft genug ist unsere Solidarität eine Win-Win-Situation, von der alle profitieren.

Die erste Gemeinde ließ sich von der Liebe leiten. Tun wir das auch! Unsere Liebe zu Gott und zu anderen Menschen, die Solidarität insbesondere mit eigenen Glaubensgeschwistern ist und bleibt für uns ein Gewinn von unschätzbaren Wert.


(Autor: Markus Kenn)


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