Mose wird ermutigt



Mose, der einen Ägypter erschlagen hatte und dabei beobachtet worden war, war aus eben diesem Grund aus Ägypten geflohen, damit er nicht dafür bestraft wird. Nun war er in der Fremde zu einem Viehhirten geworden, was eine Art sozialer Abstieg gewesen war, denn in Ägypten war er Prinz, also gesellschaftlich sehr weit oben, fast sogar an höchster Stelle. Nun hatte ihn Gott ausgewählt, damit er - Mose - sein Volk - denn er war ja selbst Hebräer, der durch den Mordauftrag an den männlichen Kindern durch den Pharao - im Nil ausgesetzt und durch eine Frau der pharaonischen Familie gerettet worden war.

Auf diesem Hintergrund hielt sich Mose nicht für sonderlich geeignet, zum Führer seines Volkes zu werden, und sicher wusste er mehr über die heidnische Religion des damaligen Ägyptens bescheid als über den Glauben an den einzig wahren Gott, den sein eigenes Volk hatte. Das sind keine besonders guten Zugangsvoraussetzungen für eine solche Berufung. Aber Gott rechnet anders, und Gott möchte sich gerade in denen zeigen und Seine Macht demonstrieren, die am Wenigsten geeignet sind.

Deshalb spricht auch uns dieser Bericht zweifellos Mut zu, denn auch wir als Christen haben unsere Einschränkungen, sei es eine schlimme Vergangenheit, sei es unsere Schüchternheit, seien es schlechte Erfahrungen oder etwas Anderes. Aber Gott kann aus Allem etwas Großartiges machen, selbst aus unserer Schlechtigkeit, selbst aus unseren Beschränkungen. Das erfahre ich selbst oft genug. So bin ich eigentlich ein chaotischer Mensch; wenn es stimmt, dass chaotische Menschen kreativ sind, dann dürften mir nie Ideen ausgehen. Einmal nutzte Gott sogar diese Eigenschaft.

Ich hatte einen Termin verwechselt und war nach Koblenz mit dem Zug gefahren. Auf der Rückfahrt ärgerte ich mich ziemlich über mich selbst. Ich las in der Bibel, als mich der Schaffner kontrollierte. Interessiert fragte er mich, ob ich gerade in der Heiligen Schrift lese. Als ich bejahte, sagte er, er würde das gerne auch tun, aber die vielen Querverweise machten ihn unmöglich. Irgendwie hatte ich am morgen noch einen Bibelleseplan eingepackt und gab ihn dem Schaffner weiter; der Schaffner - nach eigenem Bekunden kein Christ - nahm ihn dankbar an. Vielleicht hätte er nie einen Bibelleseplan bekommen, wenn Gott nicht meinen Hang zum Chaos gebraucht hätte. Ganz sicher aber kann Gott dadurch bei diesem Schaffner wirken.

Und so ist es mit allem: Egal, wie unfähig wir auch sein mögen - wer von uns ist denn schon ein Universalgenie, was ja auch durch Gott gewirkt und geschenkt ist? Gott kann uns gebrauchen. Wir müssen keine Superhelden sein und auch nicht zu den oberen Zehntausend gehören. Wir können auch sozial völlig abgestiegen sein. Gottes Zusage, Seinen Bund zu halten, gilt uns genauso wie er Mose gegolten hat, doch vielleicht benutzen wir die selben Ausreden wie Mose.
Mose gab ja zu bedenken, dass weder die Kinder Israel geschweige denn noch der Pharao auf ihn hören würde, weil Mose unbeschnittene Lippen hatte, sich also als Redner schwer tat. Zudem hatte das jüdische Volk einen schweren Stand: In ihrer Unfreiheit, in ihrer Sklaverei erschien ihnen Gott weit, und sie meinten, Gott habe sie völlig vergessen.

Auch uns geht das oft so: Schwere Probleme machen auch vor einem Christen nicht halt, und es gibt viele Christen, die schwere Krankheiten durchzustehen haben, die sich mit Langzeitarbeitslosigkeit herumschlagen müssen, die um liebe Angehörige trauern usw. Oft kommt sogar Mehreres zusammen. Dann erscheint Gott uns weit, und doch ist Er nahe.
Viele sind Atheisten, weil sie nicht glauben wollen, dass ein starker, liebender, allmächtiger Gott all das zulassen könnte. Auch wenn ich selbst kein Atheist bin, so hat mich diese Frage auch gequält. Die ganzen Kriege, der ganze Streit, all die Not, der ganze Hunger auf der Welt sind ja nicht von der Hand zu weisen, doch man muss, wenn man ehrlich ist, erkennen, dass dies nicht Gottes Schuld ist: Wir Menschen sind es, die Bomben schmeißen, wir Menschen sind es, die nicht teilen, wir Menschen sind es, die sich das Leben gegenseitig schwer machen.

Sicher: Genau wie das jüdische Volk damals gehen Viele von uns durch eine harte Lebensschule. Aber das hat auch sehr viel damit zu tun, dass Gott uns belehren will. Dort, wo sich unser Glaube auch in Not und Gefahr bewährt, ist er echt. Gott will keine Schönwetterchristen, die bei Sonnenschein und beim Grillen vorneweg mit dabei sind, aber sehr schnell von dannen ziehen, sobald ein Regentröpfchen fällt. Es ist wie bei jeder anderen Freundschaft: Sie ist auch nichts wert, wenn sie sich in guten Tagen bewährt, aber nicht hält, sobald Probleme auftreten. Und welchen Wert hat eine Ehe, die gleich bei dem ersten Problem in die Brüche geht? Wenn unser Glaube sich also auch in schlechten Zeiten bewährt, dann ist er wie durch Feuer geläutert und trägt durch.

Zudem nimmt Gott die Gelegenheit wahr, gerade durch Krisensituationen zu wirken. Manch ein Ungläubiger kam zum Glauben, weil er sah, dass Christen mit ihrem Leid anders umgehen. Mancher, der am Sterbebett eines Christen sass, um ihn zu trösten, ging selbst gestärkt davon. Doch auch bei den ganz alltäglichen Sorgen und Nöten zeigt sich, dass Christen damit anders umgehen und zuversichtlich bleiben. Oft zeigt Gott dadurch ja Seine Macht und Fürsorge. Manchmal schenkt Er jemanden erst nach Jahren eine neue Arbeit, manchmal heilt Er einen hoffnungslosen Trinker sehr spät. Und wer weiß, ob Gott nicht eine bestimmte Situation bei uns gebraucht, damit Er Menschen dadurch erreicht, die sonst nie zu erreichen wären?

Wäre Mose selbst weiterhin Prinz am Hofe des Pharaos geblieben, dann hätte er diese Aufgabe nicht erfüllen können. Wäre Paulus nicht einst der Christenverfolger Saulus gewesen, dann hätte er nicht solche Verteidigungsreden als Christ halten können. Gott zeigt dadurch, dass Seine Kraft in den Schwachen mächtig ist.


(Autor: Markus Kenn)


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