Gott nicht belehren wollen



Bei der US-Army hatte ich einen Arbeitskollegen, der in einer Wahn- und Traumwelt lebte: Allen Ernstes meinte er, mit seinen eigenen Ansichten und Einsichten über Gott zu stehen. Damit steht er allerdings nicht alleine da: Schon Luzifer, einst der schönste und mächtigste Engel, der unmittelbar vor Gottes Thron stand, um diesen zu beschirmen, ließ sich in seinem Stolz dazu hinreißen, sich als Geschöpf über den Schöpfer, also über Gott, zu stellen.

Doch damit nicht genug: Als Satan sah, dass die ersten Menschen glücklich und in Eintracht mit Gott lebten, wollte er diese Beziehung zerstören, was ihm auch gelang: Der Teufel versprach Adam und Eva, dass beide Gott gleich würden, wenn sie vom Baum der Erkenntnis essen würden. So wurde in den ersten beiden Menschen der Wunsch geweckt, wie Gott zu sein, und sie aßen von der verbotenen Frucht, die die Vertreibung aus dem Paradies bedeutete. Das Verhältnis zu Gott war dadurch ge- und zerstört. An den Folgen leiden wir noch heute.

Aber der Mensch hat nichts dazu gelernt: Pharaonen und römische Kaiser ließen sich als Götter verehren, genauso wie viele Fürsten und Könige der heidnischen Völker. Auch Hitler und Stalin ließen sich gottgleich verehren, und das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Jong-un lässt in seinem Land einen Personenkult um sich selbst veranstalten, als wäre er ein Gott.

Mit der Abtreibungspraxis und der Euthanasiedebatte, in der es angeblich um humanes Sterben, tatsächlich aber um die Eliminierung Pflegebedürftiger und unheilbar Kranker geht, spielt sich der Mensch ebenfalls auf, als wäre er Gott und könne über Leben und Tod einfach so entscheiden. Haben wir das Recht, darüber zu befinden, ob ein Leben lebenswert ist? Haben Menschen, die wahrscheinlich (!) behindert zur Welt kommen, kein Lebensrecht? - Das ist die Aushöhlung unseres Grundgesetzes, der den Schutz des Lebens als unabdingbares Menschenrecht anerkennt. Und wir haben nicht das Recht, ein Leben auszulöschen, weil ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, am Arbeitsleben produktiv teilzunehmen. Es ist schlicht und ergreifend inhuman und kalt, wenn man den Wert eines Menschen darin sieht, was er zu leisten im Stande ist. Wer dafür ist, dass Menschen, die - aus welchen Gründen auch immer - pflegebedürftig geworden sind, "human" sterben zu lassen, stellt jeden Menschen und damit auch sich selbst auf die Stufe von Maschinen, die man verschrotten kann, wenn sie nicht mehr funktionieren.

Auch sonst ist der Mensch der Meinung, Gott belehren zu können: Man stellt sich mit der Evolutionstheorie über Gott. Einem Architekten muss man nicht das Haus, das er geplant und erbaut hat, erklären, und einem Ingenieur muss man die Maschine auch nicht erklären, die dieser konstruiert hat. Wer sind wir, dass wir Gott erklären wollen, wie Er die Welt geschaffen hat? Ist es nicht vielmehr der Versuch, mit allen Mitteln ohne Gott auskommen zu können wie einst Adam und Eva mit der verbotenen Frucht? Wie finster der menschliche Geist ist, zeigt sich im Waffenarsenal der Staaten. Während Ärzte damit beschäftigt sind, bakteriologische Waffen zu entwickeln, sterben Menschen weltweit an Krankheiten, die eigentlich schon besiegt sind. Mit einem solch finsteren Verstand können wir Gott beileibe nicht das Wasser reichen.

Wir fragen nicht nach Gott, solange es uns gut geht, sondern wir bilden uns ein, dass wir das, was gut ist, selbst geleistet haben. Statt Gott zu loben und Ihm die Ehre, die Ihm alleine gebührt, zu geben, beweihräuchern wir uns selbst. An dieser Stelle möchte ich auf den vorherigen Abschnitt hinweisen: Es zeigt ja allzu deutlich, wie gut wir sind und was wir alles leisten. Im Grunde ist es erschreckend.

Wenn uns aber das Leid trifft oder Katastrophen über uns herein brechen, dann klagen wir Gott an: "Wie konntest Du nur ...?" Oder: "Ich an Deiner Stelle hätte ...!" Dabei sind wir es doch, die Nahrungsmittel durch Spekulationen und Biosprit verteuern, die die Bomben werfen und die Umwelt zerstören, die Verbrechen begehen und es meisterlich verstehen, wegzuschauen, wenn jemand unsere Hilfe braucht. Angesichts dieser Tatsachen ist es wirklich alles andere als klug, Gott belehren zu wollen; ein solches Unterfangen ist wie der Versuch eines Analphabeten, einem Literaturnobelpreisträger das Lesen und Schreiben beizubringen. Das taugt bestenfalls zur Lachnummer.

Den allwissenden Gott, den Schöpfer aller Dinge, belehren zu wollen, zeugt von Arroganz, von Ignoranz und dem totalen Verlust des Realitätssinnes. Wenn wir wirklich klug handeln wollen, dann begeben wir uns auf die Knie und bitten Gott um Weisheit wie einst Salomo. Gott schenkt uns auch gerne Weisheit und macht Niemandem einen Vorwurf, der seine Unwissenheit vor Ihm bekennt. Wirklich weise werden wir nicht dadurch, dass wir selbstüberheblich uns über Gott stellen wollen: Gottesfurcht dagegen ist der Anfang aller Weisheit.


(Autor: Markus Kenn)


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