Gott ist mit den Seinen



Wenn ich auf dem Schulhof in eine Rauferei verwickelt wurde, dann habe ich mir oft genug gewünscht, einen großen Bruder zu haben, der für mich prügelt, insbesondere dann, wenn ich eine Prügelei mit einem älteren und stärkeren Jungen hatte. Bedauerlicherweise hatte ich keinen großen Bruder und musste den Konflikt alleine austragen: Natürlich empfand ich es als ungerecht, wenn ich nicht als Sieger hervor ging. Das war stets eine Blamage vor allen Anderen, die drumherum standen und die Prügelei als eine willkommene Unterhaltung ansahen. Beruhigend war es dann, wenn wir von der Gruppe, die um uns stand, zurück gezogen wurden, weil ein Lehrer kam und so nicht mehr feststellen konnte, wer da seine Konflikte recht handgreiflich zu lösen versuchte.

Ist man erwachsen geworden, dann findet man andere, wenn auch nicht unbedingt schönere Methoden der Auseinandersetzung: Man mobbt, man klagt, man verleumdet. Wenn man selbst Opfer von Mobbing oder Verleumdung wird, wenn man in einen Prozess verwickelt ist - ganz gleich, ob als Kläger oder Beklagte -, dann wünscht man sich ganz sicher auch einen starken Verteidiger, und man ist gut beraten, sich einen erfahrenen Fachanwalt zu suchen, der einem im jeweiligen Prozess zur Seite steht. Doch auch der erfahrenste Anwalt kann keine Wunder wirken, und manches Urteil ist auch nicht optimal: Jedenfalls wird es vom Verlierer als ungerecht empfunden.

Gut ist, wenn man sich unter dem Schutze Gottes weiß: Das bedeutet nicht, dass wir dann immer als die sichtbaren Sieger aus einem Konflikt hervorgehen. Das ist auch gut so, denn wir sind ja nicht unfehlbar und haben deshalb nicht immer recht. Auch wir sehen Dinge falsch, und dann ist es segensreich, wenn uns in irgendeiner Form ein Stopschild vor die Nase gesetzt wird. Manchmal erkennen wir auch, dass wir da oder dort zwar inhaltlich recht haben, aber unsere Vorgehensweise nicht oder zumindest nicht ganz korrekt ist und deshalb korrigiert werden muss.

Aber mit Gott stehen wir nie auf verlorenem Posten: Selbst wenn wir in Situationen stecken, die uns alles Andere als angenehm sind, so dürfen wir doch wissen, dass Gott auf unserer Seite steht. Nicht immer verändert Er die Situation, nicht immer führt Er uns heraus, und manchmal erscheint es uns so, als würde alles noch schlimmer werden. Hin und wieder ist es dann auch so, doch wir dürfen wissen, dass Gott das Große und Ganze im Auge hat und dabei kein Detail übersieht. Manch missliebige Situation lässt uns wachsen: Im Glauben, in der Charakterschulung.

Es kommt letztendlich auch nicht darauf an, dass wir hier auf der Erde als die strahlenden und siegreichen Helden dastehen, sondern auf das Ende, unseren biologischen Tod und wo wir danach die Ewigkeit verbringen werden. Militärisch ausgedrückt lässt sich das auf die kurze Formel bringen: "Die Schlacht kann man verlieren und trotzdem den Krieg gewinnen!" - Natürlich bin ich nicht für Krieg, doch dieser eben zitierte Satz macht deutlich, dass wir nicht auf eine einzelne Niederlage schauen sollten, sondern auf das, was vorne liegt. Was bringt es uns, wenn wir ähnlich wie Hermann Göring kurz vor seinem Selbstmord sagen: "Hauptsache, zwölf Jahre anständig gelebt!" und dann die Ewigkeit in der Hölle verbringen? Dann lebe ich offen gestanden hier auf der Erde lieber schlecht und bin im Himmel auf ewig glücklich.

Der arme Lazarus hatte auch nichts außer dem nackten Überleben und die Lumpen, die er am Leibe trug. Hunde - unreine Tiere im Judentum - leckten seine Geschwüre, eine unhygienische, für die reinlichen Juden äußerst ekelhafte und für alle Menschen auch unangenehme Angelegenheit. Dennoch gab er seinen Glauben nicht auf und wusste trotz aller widrigen Lebensumstände, die er ganz sicher gerne geändert haben würde, wenn er gekonnt hätte, das Gott für ihn streitet. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht verwunderlich, dass die christliche Gemeinde vor allem zu Zeiten und an den Orten wächst, in denen sie verfolgt wird. Selbst faschistische und sozialistisch-kommunistische Diktaturen konnten das Christentum in ihren Ländern nicht vernichten, so sehr auch der Propagandaapparat und die Verfolgung eine überaus gründliche und effektive Arbeit ablieferte; wer aber gegen Gott kämpft, hat die Niederlage schon gebucht.

In den dunkelsten Zeiten meines Lebens habe ich die Gegenwart Gottes am Meisten gespürt. Sicher: Oft genug kam ich mir verlassen vor, doch Gott sagte mir dann stets: "Mach dir keine Sorgen, Markus: Ich bin bei dir!" Und ich spürte, wie Er mich gerade dann trug, wo mir das Leben am Schwersten fiel. Gott ist mit den Seinen, und am Ende werden die Seinen mit Ihm im neuen Jerusalem sein: Dort wird Er von uns alles Leid nehmen und jede Träne abwischen. Er wird unser Gott sein und mitten unter uns weilen.


(Autor: Markus Kenn)


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