Zurück zur ersten Liebe



Diejenigen Leserinnen und Leser, die wiedergeborene Christen sind, erinnern sich sicher noch an die Zeit unmittelbar nach der eigenen Bekehrung: Man war guter Dinge, man erzählte jedem, dass man sich bekehrt hat, man war erpicht auf Gottesdienste, christliche Gemeinschaft, stille Zeit und den Bibelkreis. Doch sehr bald - so scheint es - kommt eine Art Ernüchterung: Die wenigsten Menschen möchten das Evangelium hören, und man wird schnell in die Ecke von Spinnern und Fanatikern gestellt. Auch bemerkt man, dass es selbst bei den entschiedensten Christen menschelt. Sprich: Wir sind nicht frei von Eifersucht, von Neid, von Tratsch. Noch sind wir in dieser Welt, noch werden wir von Jesus verändert, eben weil wir diese Veränderung brauchen. Aber die erste Liebe, die erste Begeisterung hat drastisch nachgelassen.

Wir müssen dann aufpassen, dass wir nicht wieder fleischlich werden, dass uns der Krimi nicht wichtiger wird als die stille Zeit, dass wir die Gemeinschaft mit Christen immer noch suchen und uns einander Mut machen, dem Herrn nachzufolgen. Sicher ist das nicht immer einfach: Wenn man die Frohe Botschaft gegen taube Ohren predigt, fragt man sich schon nach dem Sinn der Verkündigung. Das geht wenigstens mir so. Doch gleich einem Bauern können wir nur säen und den Weinberg Gottes bearbeiten; das Gelingen liegt in Gottes Hand.

Tröstlich ist es daher zu wissen, dass es den Ephesern genauso ergangen ist: Auch ihre Liebe kühlte mit der Zeit ab. Die mahnenden Worte Jesu gelten aber auch uns: Wir müssen Buße darüber tun und zurück zur ersten Liebe. Sonst laufen wir Gefahr, dass unsere Frömmigkeit nur noch äußerlicher Schein ist wie einst bei den Pharisäern. Wenn wir jedoch ohne innere Herzensliebe zu Jesus Christ sein wollen, dann unterscheiden wir uns nicht von jenen Namens- und Taufscheinchristen, für die die Kirche nur noch der Dienstleister ist, der den Familienfeiern eine romantische Abrundung und einer Beerdigung einen würdigen Rahmen gibt. Sind wir dann nicht übertünchte Gräber?

Es ist vergleichbar mit den Wasserflecken an der Decke, weil die Badezimmerrohre unseres Nachbarn, der über uns wohnt, nicht mehr dicht sind: Da hilft es auch nicht, wenn man die Flecken lediglich überpinselt: Nur wenige Tage später sieht man den Schaden wieder, der zudem immer grösser wird. Nur der Austausch der Rohre bringt den erhofften Effekt.

So ist es mit uns: Nur wenn wir zurück zu unseren ersten Werken kehren, nur wenn wir in der ersten Liebe weitermachen, bleibt unsere Liebe zu Jesus lebendig. Und wissen wir wirklich, welchen Erfolg unser Aussäen hat? - Bei der US-Army bekannte mir ein Kollege Jesus: Dieser Kollege hat auch niemals erfahren, dass ich mich später auch aufgrund seines Zeugnisses bekehrt habe!

Letztendlich fragt Gott nicht danach, wieviel "Erfolg" wir hatten, sondern nach der Liebe, nach unserer Bereitschaft, ganz für Ihn zu leben. Es geht nicht darum, dass wir Massenbekehrungen auslösen, dass wir Mitglieder werben wie für einen Bücherclub. Dann sind wir auch selten authentisch in unserem Christ sein. Worum es geht, ist eine lebendige Beziehung zu Jesus, die gepflegt werden muss. Glückliche Ehepaare, die lange miteinander verheiratet sind, wissen, dass eine Beziehung gepflegt werden muss. Es genügt nicht, unter einem Dach, in einem Haus, in einer Wohnung zusammen zu leben und gemeinsam zu essen und fernzusehen, sondern es bedarf des aufmerksamen Gespräches, des Befassens, des Interesses an dem Partner.

Das ist in unserem Glaubensleben genauso: Wenn mich der Wille Gottes allenfalls nur noch am Rande interessiert, dann ist die Beziehung zu Ihm durch meine Schuld gestört. Auch beim Beten geht es nicht darum, bürokratische Pflichten zu erfüllen. Bei einseitigen, monotonen Arbeiten mag die Durchführung auf rein mechanische Weise genügen, doch im Gebet wirkt dies bestenfalls künstlich. Wir sprechen ja mit Gott und müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir auch von unseren Gesprächspartnern zuhause und auf der Arbeit mehr erwarten als nur irgendwelche nichtssagenden Floskeln. Ist das Gebet aber echt und damit lebendig, dann bereiten wir Gott eine Freude und sind offen für Seinen Segen.

Bei Menschen, die ihren Beruf lieben, ist die Begeisterung, mit der sie ihre Arbeit tun, spürbar. Köche, denen es Spaß macht, gutes Essen zuzubereiten, sind die besten und machen sich das Leben leichter. Wenn bei uns Christen die Freude über das Evangelium spürbar ist, dann nehmen uns die Menschen ab, dass wir eine Frohe Botschaft haben. Mit einer permanenten Leidensmine nimmt uns niemand ab, dass wir uns im Herren freuen. Das ist so als wenn wir sagen: "Ich langweile mich zu Tode in meinem hochinteressanten Job!" Tun wir den Dienst am Herrn in unserer ersten Liebe, dann sind wir an Ihm interessiert, dann sind für uns die Aufgaben, die Gott uns gibt, schöne Herausforderungen, an denen wir wachsen.

Die erste Liebe ist zugleich echte Liebe. Sie gibt uns Kraft, sie macht uns authentisch. Diese Liebe kann man in den Augen von Christen selbst dann lesen, wenn sie alt, grau und krank sind. Ich habe manchen Christen kennen gelernt, dessen äußere Umstände sehr belastend gewesen sind, der aber nicht zusammen brach, weil er auf den Herrn harrt. Ein solcher Glaube ist echt. In der ersten Liebe sind wir stark.


(Autor: Markus Kenn)


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