Aus Gnade gerettet zu sein ist für uns Menschen etwas Unvorstellbares, etwas, dass wir nicht nachvollziehen wollen: Unser Stolz wehrt sich dagegen! Schließlich wollen wir uns nichts schenken lassen, auch von Gott nicht, denn wir wollen unabhängig sein. Wir wollen uns alles selbst verdienen, auch den Himmel, die Erlösung also.
Das führt letztendlich zu sehr vielen Irrlehren wie die der Reinkarnation, in der uns glauben gemacht werden soll, dass wir über viele Leben hinweg uns den Eingang ins Nirwarna verschaffen können. Dabei wird zum Einen übersehen, dass der Mensch in seiner Natur schlecht ist und sich selbst dann nicht die Erlösung erarbeiten kann, wenn er unzählig viele Chancen, also viele Leben, dafür bekommt, zum Anderen, dass im Nirwarna es keine Individualität mehr gibt, sondern mehr oder minder ein Verlöschen des eigenen Ichs.
Auch die Pharisäer und Schriftgelehrten waren der Überzeugung, durch das Halten der Gebote gerecht zu werden: In einem Gleichnis rühmt sich sogar ein Pharisäer über seine Gerechtigkeit, denn er verzehntet nicht nur seine Einnahmen, sondern auch seine Einkäufe, und er fastet öfter als er nach dem Gesetz müsste. Aber eine solche Einstellung führt zur Selbstgerechtigkeit, die die Sicht auf die eigene Schuld und das eigene Versagen aussperrt. Wer Gutes tut, damit er in den Himmel kommt, handelt aus Berechnung und damit nicht mehr wirklich gut, auch wenn die Tat als solche ethisch einwandfrei ist. Werke, die wirklich gut sind, geschehen aus selbstloser Liebe und aus Dankbarkeit Gott gegenüber, nicht aber, um sich damit einen Platz im Himmel zu sichern.
Gleichzeitig ist es auch so, dass wir Menschen - trotz allen Bestrebens - niemals alle Gebote halten: Das können wir nicht, und es mangelt uns offen gestanden auch am Willen hierzu. Als Menschen lassen wir uns von Gefühlen leiten, also von Sympathie und Abneigungen. Selbst Profis wie Lehrer, Richter und Personalentscheider handeln ungerecht. Der Schüler, den ein Lehrer mag, bekommt eine bessere Note, ein Richter verurteilt jemanden, dessen Nase ihm nicht passt, strenger, und ein Personalentscheider hat nicht nur die Qualifikationen bei der Bewerberauswahl berücksichtigt, sondern lässt sich auch von Sympathien und Abneigungen leiten. Das geschieht oft unbewusst, bleibt aber ungerecht.
Zudem suchen wir immer unseren Vorteil: Die leichtere Arbeit, das höhere Gehalt, das Lob, das Prestige. Gerade wenn es um den "Good will", das positive Erscheinungsbild eines Unternehmens geht, sind PR-Agenturen sehr einfallsreich: "Tue Gutes und rede darüber!", - so die Devise. Das Gute, das Sponsoring dient also der Gewinnmaximierung. Und wer von uns möchte nicht auch als ein Gutmensch dastehen, der ethisch einwandfrei handelt? - Dabei ist die Tat zweitrangig, denn es geht uns ja um den eigenen guten Ruf.
Aus all diesen Gründen können wir uns das Heil, die Rettung, nicht selbst verdienen. Wir brauchen ein Gnadengeschenk. Darum musste Jesus für uns am Kreuz sterben und nach drei Tagen auferstehen, damit wir in Seinem Blut rein werden können; durch Jesu Sieg über den Tod haben wir das Leben auf ewig. Nur so haben wir die Möglichkeit der Rettung und des Heils. Es gibt dazu keine Alternative.
Das verletzt uns in unserem Stolz. Aber wenn wir die Liebe Gottes zu uns erkennen, dann werden wir nicht nur bescheiden, sondern auch dankbar. Unser Blick richtet sich nicht mehr auf unser Ego, sondern auf Christus, dem wir, wenn wir Ihn ernsthaft in unser Leben aufgenommen haben, immer ähnlicher werden. Gnade, die so erfahren wird, macht einen selbst gnädig: Man ist bereit zu verzeihen, man wird großzügiger, man gibt etwas ohne Dank zu erwarten. Das bewahrt vor Enttäuschungen genauso wie vor der Selbstüberschätzung.
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