Jeder von uns kennt das: Es gibt Ereignisse, Tage und Phasen in unserem Leben, in denen wir uns fragen, warum wir überhaupt auf der Welt sind, in denen wir uns die Sinnfrage stellen und uns fragen, welchen Sinn das Leid hat, das wir durchmachen. Auch Hiob ging es so, der ja sein ganzes Vermögen und schlimmer noch all seine Kinder verloren hatte. All das ging förmlich Schlag auf Schlag: Hiob konnte gar nicht so schnell reagieren, wie die grässlichen Nachrichten der Boten auf ihn hereinprasselten. Sicher dachte er zuerst: "Das ist doch nur ein Albtraum! Das ist doch unmöglich!" Und dann kam die Gewissheit: Es ist Wirklichkeit, es ist die knallharte Wahrheit.
Da fragte er sich natürlich, warum er überhaupt geboren war und wünschte sich, er wäre nie geboren bzw. schon als Säugling oder Kleinkind gestorben. Schreckensbotschaften zehren an der Substanz. Nervenzusammenbrüche, Traumata und Depressionen sind oft die Folge von negativen Erfahrungen, von schrecklichen Ereignissen. Langzeitarbeitslose fragen sich auch nach einer Vielzahl von Bewerbungen, die im Falle einer Nichtberücksichtigung in aller Regel nicht einmal beantwortet werden, warum sie sich überhaupt noch bewerben, wenn sie doch keiner will, insbesondere dann, wenn sie sich von einer Probearbeit zum nächsten Praktikum durchgewurstelt haben.
Aber auch anderswo stellt man sich in gewisser Weise die Sinnfrage: So fragen sich Lehrer, warum sie sich Mühe geben, den Lernstoff zu erklären, wenn ihnen doch keiner wirklich zuhört, und Mancher fragt sich, warum er sich überhaupt irgendwelche Umstände macht, wo doch Undank der Weltenlohn ist. Vielleicht hat der ein oder andere Leser dieses Artikels den Schmerz gefühlt, wenn er sich in einem Verein oder einer Organisation engagiert und jede noch so schwere Drecksarbeit, für die keiner zu haben war, gemacht hat, wenn man ihn danach allenfalls noch als zahlendes Mitglied haben will. Oft genug fragen wir uns nach dem Sinn dessen, was wir getan haben.
Gerade in der Pubertät und in der Midlife-Crisis fragen wir uns nach diesem Sinn, nach dem Woher, Warum und Wohin und danach, ob Karriere, Vermögen und menschlicher Erfolg alles sind, was uns das Leben geben kann. Wohlstand und Reichtum sind ja gut und schön, und es ist ein beruhigendes Gefühl, nicht jeden Cent zwei- oder gar dreimal umdrehen zu müssen, bevor man ihn ausgibt, doch letztendlich kann uns kein Wohlstand und kein Reichtum wirkliches Glück geben. Manchmal herrscht in einfachsten Lehmhütten mehr Freude als in den grandiosesten Schlössern.
Und wie Hiob fragen wir uns sicher auch dann und wann, warum wir überhaupt versuchen, gute Menschen zu sein, die sich moralisch gesehen nichts vorzuwerfen brauchen, die Gottes Gebote halten und Gott lieben, wo es doch den Gottlosen gut zu gehen scheint, weil sie Erfolg haben. Der Ehrliche erscheint oft als der Dumme, und oft wird derjenige, der kameradschaftlich, kollegial und hilfsbereit ist, ausgenutzt. Es scheint sich der pointierte und witzige Spruch zu bewahrheiten: "Wer viel arbeitet, macht viel Fehler. Wer wenig arbeitet, macht wenig Fehler. Wer nicht arbeitet, macht keine Fehler, und wer keine Fehler macht, der wird befördert!" Das Leben erscheint so ungerecht, dass man die Lust an allem verliert.
Doch das sind die Situationen, in denen wir das große Ziel aus den Augen verloren haben, wo wir nicht mehr auf Gott schauen und vergessen, dass wir durch Jesu Gnade Gerettete sind. Sicher: In dieser Welt sieht es übel aus, und die Schlechtigkeit wächst sich immer mehr aus. Nach Ethik und Moral fragt kaum einer mehr. Galt früher der Handschlag noch etwas, muss man heute aufpassen, nicht überall über den Tisch gezogen zu werden. Aber diese Welt ist längst nicht alles, es gibt noch eine Ewigkeit, auf die sich die in Jesus Geretteten freuen dürfen. Obwohl das Böse überall zu triumphieren scheint, so wissen wir doch, dass Gott am Ende der Zeit eingreifen und das Wirken des Teufels, dem Fürsten dieser Welt, beenden wird.
Mit Blick auf Gottes Eingreifen, mit Blick auf die Rettung hat die Sinnfrage zwar ihre Berechtigung, doch die Antwort ist eine Andere: Statt zu resignieren dürfen wir wissen, dass das Beste noch kommt, dass Jesus für uns, die wir zu Ihm gehören, uns eine Wohnung im Hause des Vaters bereitet hat. Mag unser Leid noch so groß sein, so wird die Herrlichkeit des Himmels das alles derart übertreffen, dass unser Leid dagegen klein wird. Das hat mit Verharmlosung nichts zu tun. Ich bekomme schließlich selbst oft genug die Krise, wenn ich die Zeitung aufschlage oder die Nachrichten höre bzw. wenn ich sehe, wie schlecht es vielen Leuten selbst in unserem doch so reichen Land geht, und doch hat unser Leben einen Sinn, weil Gott uns liebt und uns eine Aufgabe zugedacht hat, die wir erfüllen sollen. Nichts, was wir für Gott in Liebe tun, ist sinnlos, sondern ist großartig, auch wenn es in Menschenaugen so gut wie nichts zu sein scheint. Ein Leben mit Gott hat Sinn.
Es war auch für mich ein langer und stellenweise auch recht harter Lernprozess, dies zu begreifen, auch ich habe manchmal gedacht, es wäre besser gewesen, ich sei nicht auf der Welt, doch weil ich weiß, dass Gott sogar mich gebrauchen kann, habe ich begriffen, dass ich mich nicht mit solch negativen Gedanken selbst herunter zu ziehen brauche. In diesem Bewusstsein kann ich auch anderen Menschen ehrlichen Herzens sagen: "Schön, dass Du da bist, dass es Dich gibt." Und es erfüllt einen mit Freude zu wissen, dass das eigene Leben vor Gott nicht sinnlos ist, dass wir keine Zufallsprodukte sind, die irgendwann sterben und vergessen werden, sondern dass wir, wenn wir Jesus als unseren ganz persönlichen Retter angenommen haben, eine wunderbare Ewigkeit vor uns haben. Spätestens in der Ewigkeit bei Jesus werden wir uns freuen, dass wir einmal geboren sind, dass wir auf der Erde gelebt haben allen Widernissen zum Trotz, die es hier auf dieser Welt gibt. Dann werden wir sehen, dass so vieles, was uns vielleicht als sinnlos erschien, doch aufgeht wie eine richtig gelöste Gleichung.
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