Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren die religiöse Elite jener Zeit, die alle Ver- und Gebote der Thora in- und auswendig kannten und natürlich auch die wichtigsten Kommentare dazu; insbesondere die Pharisäer achteten peinlichst genau darauf, gegen kein Verbot zu verstoßen und jedes Gebot auf das I-Tüpfelchen genau einzuhalten. Darüber hinaus verrichteten sie lange Gebete und sassen in der Synagoge obenan. Deshalb waren sie besonders stolz auf sich.
Jesus dagegen rief die Sünder zur Buße wie den Zöllner Levi. Das traf die selbstgerechten Schriftgelehrten und Pharisäer sehr: Mit Sündern zu essen war für sie unvorstellbar, ein Skandal, etwas, wodurch man selbst schmutzig wird. Und dann auch noch ein Zöllner! Ein Kollaborateur! Einer, der es mit der Besatzungsmacht hielt und sein eigenes Volk ausnutzte!
Doch Jesus schaut schon von Anbeginn an auf die Herzen: Er kennt unsere Träume, unsere Sehnsüchte, unsere Schuld und jede noch so kleine Sünde. Er weiß aber auch, wer wirklich ein neues, sinnvolles Leben haben möchte, wer ehrlich den Bankrott des eigenen Lebens zugibt und sagt: "Jesus: Ohne Dich schaffe ich es nicht! Werde mein Retter!"
Wir können nicht aufgrund von guten Taten errettet werden: Diese geschehen ja dann nicht aus Liebe, sondern aus Berechnung. Das Gute, das man nur deswegen tut, weil man Vorteile erwartet, ist nicht mehr selbstlos, sondern egoistisch, doch das gaben die Pharisäer und Schriftgelehrten nicht zu.
Auch in unseren christlichen Gemeinden erfahren wir in manchen Fällen eine ähnliche Selbstgerechtigkeit: Schließlich ist man engagiertes Kirchenmitglied, man versäumt keinen Gottesdienst, geht zur Bibelstunde und spendet für Missionswerke. Man ist sozial tätig und übernimmt Verantwortung auch in der Gemeinde, bei der Feuerwehr usw. Das alles ist natürlich wichtig, und es ist gut, dass es Menschen gibt, die sich gemeinnützig engagieren. Doch wer sein Vertrauen in die eigene Kraft setzt, überschätzt sich selbst und setzt sein eigenes Ich in den Mittelpunkt und nicht Gott. Wer aber nicht auf Gott sieht, verliert das Ziel aus den Augen.
Man kann noch so viel wissen über Gott und über Sein Wort, man kann es noch so gut auslegen, doch wenn man meint, dies genüge, so irrt man sich gewaltig. Sich auf Gott verlassen, sich und sein Leben Jesus anvertrauen, um die Schuld, die man selbst begangen hat, tilgen zu lassen, macht uns bescheiden und dankbar. Das Gute, das wir dann tun, ist dann echt.
Es geht also um die Einsicht, dass wir vor Gott Sünder sind, dass wir Buße tun und Jesus als unseren ganz persönlichen Retter annehmen müssen, wenn wir gerettet werden. Die, die wir bereits wiedergeborene Christen und damit gerettet sind, dürfen uns freuen, doch wir dürfen nicht stolz und verblendet sein, denn es ist nicht unser Verdienst, sondern die Gnade Gottes, die Tatsache, dass wir zur Buße gerufen wurden.
Das ist auch Sinn und Zweck des Missionsauftrages: Genau wie einst Jesus sind wir berufen, die Sünder zur Buße zu rufen. Dabei sind wir genauso heraus gefordert wie einst die Schriftgelehrten und Pharisäer, denn wir sind gesandt zu denen, mit denen wir vielleicht nichts zu tun haben wollen. Es ist mir auch nicht angenehm, Jesus zu bekennen und damit zumindest indirekt zur Buße aufzurufen, wenn ich vor mir einen Menschen habe, von dem ich weiß, dass er skrupellos seinen Vorteil sucht. Und natürlich gibt es auch Menschen, mit denen ich mich schwer tue. Aber wer soll denn die Botschaft weiter geben wenn nicht ich, wenn nicht wir? Es ist unsere Aufgabe, die Sünder zur Buße zu rufen: Dafür war und ist sich auch der heilige Gott nicht zu schade, und das trotz Seiner unbeschreiblichen Majestät!
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