Viele sagen, die Bibel sei zu alt und hätte uns heute nichts mehr zu sagen. Da halte ich mich lieber an die Worte Luthers, der sagte, die Bibel sei weder alt noch modern, sondern immer aktuell. - Vor allem aber ist die Bibel ein lebensnahes Buch. Mehr noch: Sie ist das Leben selbst! Und sie spricht in mein Leben hinein: Davids oft verzweifelt klingende Psalmen spiegeln auch meine Ängste wieder, und auch ich habe die Erfahrung wie David gemacht, dass Gott hilft, wenn man Ihn anruft, auch wenn zwischen Davids und meiner Welt Jahrhunderte und andere Situationen liegen. Viele Charaktereigenschaften biblischer Gestalten finde ich auch bei mir: Vor meiner von Gott gegebenen Aufgabe möchte ich mich genauso drücken wie einst Jona. Wie Jakob suche ich den eigenen Vorteil. Und irgendwo bin ich genauso großmäulig wie es einst Petrus war, um dann ganz ängstlich ziemlich kleine Brötchen zu backen.
Doch auch die Gleichnisse sprechen in mein Leben hinein. Das Gleichnis vom Scherflein der Witwe zeigt, dass es nicht auf äußerlich große Beträge ankommt, sondern auf Gottvertrauen und dass man das gibt, was man geben kann. Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter zeigt uns, was wahrer Gottesdienst ist, und das Gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner zeigt, dass uns Selbstbeweihräucherungen nicht weiter bringen, sondern nur die Erkenntnis unserer Schuld und unseres Versagens.
Christus hat in Seinem Erdenwirken auch gezeigt, worauf es wirklich ankommt: Nicht Äußerlichkeiten sind es, die den Menschen ausmachen, sondern die vielbeschworenen inneren Werte. Die Ehebrecherin, die reumütig den Neuanfang wagt, ist allemal besser als der Pharisäer, der die Gebote nur aus Pflichterfüllung und aus Tradition hält. Zebedäus, der kleine Zöllner, der mit den Römern kollaborierte und sein eigenes Volk ausbeutete, dann aber von ganzem Herzen umkehrte, zeigt, dass man sich ganz von Jesus verändern lassen muss, wenn man wirklich vor Gott bestehen möchte. Und Petrus, der einfache Fischer, der sicher keinen geschliffenen Wortschatz hatte, wurde zu einem großen Missionar, weil er sich von Jesus belehren ließ und Ihm folgte. War David nicht deshalb ein großartiger König, weil er das einfache und harte Leben eines Schafhirten kannte und dem Tod mehr als einmal ins Auge geblickt hat? Gott erwählte Moses, als dieser nicht mehr Prinz war, sondern sozial abgestiegen war und als Viehhirte ein hartes anstatt ein luxuriöses Leben führte und Asylant war in einem für ihn fremden Land.
Gott lässt uns manchmal durch eine sehr harte Schule gehen. Aber das tut Er, damit wir die Wirklichkeiten nicht aus den Augen verlieren und realistisch werden. Jesus selbst hat uns ja auch immer darauf hingewiesen, dass es auf die richtigen Prioritäten ankommt. Einem Menschen Gutes zu tun ist wichtiger als die strikte Einhaltung der Sabbatheiligung. Während die Mehrheit der damaligen israelischen Bevölkerung Samariter und Zöllner ausschloss, blickte Jesus auf die Herzen der Menschen. Selbst der Hauptmann der Besatzung konnte auf Jesu Hilfe rechnen, kam im Glauben auf unseren Herrn zu.
Und Jesus half und hilft immer ganz praktisch: Die Speisung der vier- und der fünftausend sind hier ebenso Belege wie die Heilung der Kranken, der Unreinen, der Blinden, der Stummen. Jesu Ethik und Moral erschöpft sich nicht in den Diskussionen und Publikationen irgendwelcher Philosophen und Theologen, sondern zeigt sich ganz praktisch in den Alltag der Menschen hinein. Deshalb ist die Bibel kein Buch, das lebensfremd die Probleme wälzt, die wir ohne Theoretiker nicht hätten, sondern ein Buch, das ganz konkret in den Alltag hinein spricht.
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