Während Pfarrer Dietrich Bonhoeffer 1945 auf seine Hinrichtung wartete, schrieb er das Lied: Von guten Mächten wunderbar umgeben!", in dem er auch den Kelch beschrieb, den Gott uns zu trinken gibt, und es spricht tiefes Vertrauen und Gehorsam zu Gott daraus, die Bonhoeffer gehabt hat: Selbst im Angesicht des sicheren Todes und einer unmenschlichen Hinrichtung durch den Strang war Bonhoeffer bereit, den Kelch zu trinken, den Gott ihm reichte. Keine Vorwürfe, kein Klagen, kein Jammern, sondern die Gewissheit, in Gottes Hand selbst in den schwersten und aussichtslosen Situationen zu sein, ließen ihn diesen Kelch trinken. Bonhoeffer wusste, dass es ein Danach gibt, und als ihm einer der Henker sagte: "Gleich ist alles vorbei!" antwortete Bonhoeffer singemäss: "Gleich fängt alles erst an!"
Hiob sprach, als sein Leid anfing: "Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt!" (Hiob 1, 21b). Damit bekundete Hiob auch, dass er bereit war, den Kelch, den Gott ihm zu trinken gab, aus Seiner Hand anzunehmen, allen Leides zum Trotz: Schließlich hatte er nicht nur sein gesamtes Vermögen, sondern auch seine Kinder verloren.
Jesus, der im Garten Gethsemane für uns in Seiner Todesangst im wahrsten und buchstäblichsten Sinne Blut und Wasser schwitzte, war Bonhoeffers ganz großes Vorbild. Jesus durchlitt diese Angst für uns, obwohl Er es nicht nötig gehabt hätte: Niemand hätte Ihn je zwingen können, auf die Erde herab zu kommen und für unsere Sünden zu leiden und zu sterben. Selbst als man Ihn verhaftet hatte, hätten auf Sein Wort hin Legionen von Engeln zur Seite gestanden, die Ihn befreit und zurück in den Himmel begleitet hätten. Doch Jesus trank den Kelch des Vaters und tat das, was nötig war, damit diejenigen, die an Ihn glauben und Ihn als ihren ganz persönlichen Erretter und Heiland angenommen haben, gerettet sind. Von diesem Beispiel war Dietrich Bonhoeffer geprägt, und auch Hiob hat Jesu Beispiel und Gottes Erwartungen bereits in alttestamentlichen Zeiten verstanden.
Wie sieht es da bei uns aus? Sind auch wir bereit, den Kelch, welcher uns von Gott gereicht wird, anzunehmen? - Sicher fällt es leicht, wenn in diesem Kelch Wohlstand sind, Glück, Segen, Fortschritt. Aber wie sieht es aus, wenn Gott von uns Dinge abfordert, die uns nicht schmecken, wenn wir durch Trauer und Leid, durch Prüfungen und Schwierigkeiten gehen müssen? Jesus hat uns paradiesische Zustände versprochen, wenn wir einmal in Seinem Königreich sind, doch auf dieser Erde müssen wir mit dem Hass der Welt rechnen und bekommen diesen auch zu spüren, weil Jesus, unser Herr, diesen Hass bereits abbekommen hat. Jesus hat nie gesagt, dass unser Christenleben hier auf der Erde einfach ist und die Garantie für ein sorgenfreies, leichtes Leben, in dem alles glatt und rund läuft. Jesus hat nie etwas von einem Wohlstandsevangelium gesagt, in dem jeder, der wirklich an Ihn glaubt, Gesundheit, Erfolg, Karriere und Reichtum in den Schoss gelegt bekommt. All das schließt eine Zugehörigkeit zu Jesus nicht aus, und es kann sein, dass der, der an Jesus glaubt, einen Karrieresprung macht, doch auch Armut kann uns treffen. Die Frage ist nicht, ob wir reich oder arm sind, sondern ob wir bereit sind, aus Gottes Hand den Kelch anzunehmen, den Er uns reicht. Der Kelch des Reichtums verpflichtet uns zu geben, der Kelch der Armut, dankbar für das zu sein und zu bleiben, was wir haben.
Wir wissen ja nicht, wofür Gott den Einen so und den Nächsten anders führt. Vielleicht ist der Eine durch Sein Glück ein guter Botschafter Gottes, und der Andere kann das Evangelium verbreiten, weil er in seiner Armut zeigt, dass Gott immer bei einem ist. Mancher, der im Rollstuhl landete, konnte durch seinen Glauben und dem Umgang mit seinem Schicksal zeigen, dass Glaube sich nicht nur bei schönen Wetter bewährt, sondern auch durch Leid und Elend sowie durch persönliche Katastrophen trägt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Herr selbst Ängste und seelische Erkrankungen nutzen kann, um dadurch zu wirken. Der Kelch, den Gott uns gibt, ist oft eine sehr bittere Medizin, aber eine, die heilt. Er gibt uns so gesehen Lebertran, damit wir im Glauben groß und stark werden: Der Lebertran schmeckt uns nicht, aber wenn wir im Glauben groß und stark geworden sind, dann wissen wir, wie gut uns eben der Lebertran aus Gottes Hand getan hat.
Eine Massage tut auch oft weh, und wer sich einmal einen Wirbel einrenken ließ, der weiß, dass dies keinesfalls eine positive Erfahrung ist. Und wer so alt ist wie ich, kennt noch Jod, das auf Wunden gestrichen wurde und fürchterlich brannte. Aber die Heilung gab diesen Maßnahmen recht. Hätte Jesus den Kelch, den Ihm der Vater reichte, nicht getrunken, dann wären wir verloren und steuerten chancenlos auf die Hölle zu. Der Glaube an Jesus, die Tatsache, dass Er diesen Kelch getrunken hat, beweist uns, dass Gott uns liebt und wir durch Christus gerettet sind. Wenn wir bereit sind, selbst die bitteren Kelche zu trinken, die Gott uns gibt, werden wir staunen, welcher Segen einmal dahinter steckt. Hiob, der alles verloren hatte, war am Ende reicher als vorher, und dies nicht nur materiell. Bonhoeffer, der den Kelch des Todes annahm, ist nun bei Jesus in der ewigen Freude. Nehmen wir also die Kelche an, die Gott uns zu trinken gibt. Es mag zwar oft ein bitterer sein, doch dann wird am Ende unsere Freude um so grösser sein und wir können dann wie Hiob sagen: "Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt!"
Ja: Gelobt sei der Name des Herrn!
|