Zu ESZ Nr. 8 vom 20.02.2022, Michael Diener: “Viele Impfgegner bei Evangelikalen“ und Anna Seeger „Das C in der CDU stärken“.
Nun werden also auch Evangelikale und Pietisten in die Nähe von Querdenkern und „Weltverschwörern“ gerückt. Es stellt sich nicht nur die Frage nach den Beweggründen von Michael Diener, sondern es verwundert auch, dass er diese wenig schmeichelhafte Feststellung ausgerechnet als ehemaliger Präses des „pietistisch geprägten“ Gnadauer Gemeinschaftsverbandes trifft. Und was hat Impfgegnerschaft „unter Pietisten und Evangelikalen“ mit Deutung der Pandemie „als Zeichen der gesellschaftlichen Verfallsgeschichte“ zu tun?
Mit der Feststellung einer „ausgeprägten Wissenschaftsskepsis“ bei Menschen, die „die Evolutionstheorie ablehnen, an den Kreationismus glauben und die Jungfrauengeburt als reale Tatsachen ansehen“, holt der Autor weiter aus. Es wird aber noch getoppt von der Feststellung „Pietisten und Evangelikale sehen sich als die guten, gottesfürchtigen Frommen als Gegenentwurf zur bösen Welt“. Nach Kurt Heimbucher, ehemaliger „Gnadauer“ Präses, sind sie „keine geschlossene Größe“, sodass hier jede Pauschalisierung fehl am Platze ist. Und wenn sie angesichts „einer zunehmend entchristlichten Gesellschaft“ (Andrea Seeger in ihrem Beitrag „Das C in der CDU stärken“ treu zum Bekenntnis stehen, ist das in keiner Weise Anlass, sie zu verketzern. Da die „Entchristlichung“ auch Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander hat, „braucht es das Christliche umso mehr – auch für Konfessionslose und Andersgläubige“ (Andrea Seeger).
Bekennende Christen haben gewiss keinen Anlass, sich über andere zu erheben. Vielmehr halten sie es mit Martin Luthers letztem Wort „Wir sind Bettler, das ist wahr“. Und das in der demütigen Erkenntnis „Nichts hab ich zu bringen, alles, Herr, bist du!“
(Evangelische Sonntags-Zeitung vom 10.04.2022)
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