In der Umschulung zum Hotelfachmann habe ich gelernt, wie man Büffets aufbaut: Je teurer das Produkt als solches, um so weiter stellt man es nach hinten. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Mensch gierig ist: Er sieht zwar das teuere Hirschgulasch und die Edelfische einige Schritte weiter, die er gerne haben möchte, doch in seiner Gier schaufelt er sich den Teller weiter vorne mit den billigeren Produkten voll aus der Angst heraus, zu kurz kommen zu können.
Auch Kinder beherrschen perfekt die Habgier; wenn die Eltern hier nicht konsequent sind, könnten sie arm werden: Kinder wollen nämlich alles haben. Nicht ohne Grund haben Supermärkte und selbst kleine Kioske Süssigkeiten und Eis möglichst in der Nähe der Kassen. Manchmal ist es auch für einen Außenstehenden nervig, wenn man an der Kasse steht und quengelnde Kinder um sich hat, die ihren Eltern oder Großeltern unbedingt noch ein Eis oder eine Schokolade abschwatzen wollen.
Zudem haben es Eltern und Erzieher schwer, wenn Kinder zusammen spielen: Die meisten Streitigkeiten der Kinder haben ihre Ursache darin, dass sie ausgerechnet das Spielzeug haben wollen, was gerade der andere Junge oder das andere Mädchen hat, auch wenn drumherum die gleichen Spielzeuge in ein- und derselben Aufmachung massenhaft herumliegen.
Die Habgier ist eines der Hauptübel der Menschheit: Kriege wurden um Rohstoffe und das Gold anderer Länder geführt, und die grössten Gräuel fanden in den Kriegen dann statt, wenn brandschatzende Truppen reiche Beute witterten. Die Piraten als Schrecken der Weltmeere handelten ebenfalls in Habgier, und für viele Menschen ist es das einzige Bestreben, reich zu werden und sich alles kaufen zu können. In den extremsten Fällen gehen sie dabei förmlich über Leichen und werfen jegliche Moral über Bord. Die deutsche Rüstungsindustrie sponserte Hitler, um lukrative Aufträge von der Wehrmacht und der SS zu bekommen.
Jesus hat deshalb vor der Habgier gewarnt:
"Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt? Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat."
Lukas 12, 13-15
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Die beiden Brüder hatten Erbstreitigkeiten, sodass einer der Beiden sich an Jesus wandte, weil er befürchtete, zu kurz zu kommen. Jesus warnt die Menschen direkt vor der Habgier, denn im Grunde lebt wirklich niemand davon, dass er viele Güter hat. Dennoch zerbrechen über Erbstreitigkeiten Familien, streiten sich Geschwister und werden zu Todfeinden, obwohl sie vorher ein sehr gutes Verhältnis zueinander gehabt haben. Oft fressen die Erbschaftsprozesse nicht nur das Erbe auf, sondern stürzen die Streitenden auch noch in Schulden. Der Zank führt oft sogar soweit, dass man seine Geschwister nur noch ruinieren will, auch wenn man selbst dabei in der Gosse landen sollte.
Auch wenn Geld bekanntermaßen beruhigt, so macht es nicht glücklich. Diejenigen, die - salopp ausgedruckt - ganz schön viel Pulver haben, wissen oft nicht, wer ihre wirklichen Freunde sind, ja, sie wissen oft einmal nicht, ob sie überhaupt Freunde haben! Blender, Neider, Betrüger und Bauernfänger scheren sich um sie wie die Geier über dem Aas. Manch einer, der einen Lottogewinn machte, hatte auf einmal sehr viele Freunde, völlig Unbekannte genauso wie einstige Todfeinde. Doch sobald das Geld weg ist, dann ist man einsamer als vorher. Der verlorene Sohn aus einem Gleichnis von Jesus musste das erfahren:
"Und er sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; ... Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden."
Lukas 15, 11-32
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Solange der verlorene Sohn Geld hatte, war er scheinbar beliebt: Alle scharten sich um ihn und ließen sich freihalten, doch als sein Geld zu Ende war, hatte er auf einmal keine Freunde mehr und musste die Schweine hüten. Für Juden ist das eine sehr schlimme Aufgabe, sind für sie doch Schweine unrein. Der Hunger des jungen Mannes war sogar so groß, dass er selbst das Schweinefutter gegessen hätte. Der Vater, der ihn wirklich liebte, nahm ihn wieder auf, obwohl sein Jüngster das ganze Geld sinnlos verprasst hatte. Auch wenn es in diesem Gleichnis vorrangig um Gottes Liebe zu uns geht und Seiner Sehnsucht, mit uns Gemeinschaft zu haben, zeigt dieses Gleichnis gleichzeitig, dass materieller Reichtum verschwindet und dass man wirkliche Liebe und echte Freundschaft niemals kaufen kann.
Dabei erinnere ich mich an eine Anekdote aus meiner Bundeswehrzeit: Ein Kamerad fragte mich, ob ich lieber tausend hübsche Frauen oder lieber einen Rolls Royse hätte; schlagfertig gab ich zur Antwort: "Dann lieber den Rolls Royse." Er war etwas verdutzt und fragte, ob ich etwas gegen Frauen hätte. Meine Antwort war prägnant und sorgte für einen Lacher weiterer Kameraden: "Nee, aber wenn ich mich für tausend hübsche Frauen entscheide, habe ich noch lange keinen Rolls Royse; habe ich aber den Rolls Royse, dann kommen die Frauen von alleine!" Meine Kameraden fanden diesen Satz gar nicht für so dumm. Sicher: Moralisch ist diese meine Antwort von damals sicher nicht, doch bestätigt sie, dass Reichtum "begehrenswert" macht. So mancher, der sich verspekulierte, stellte resigniert fest: "Geld weg, Vermögen weg, Frau weg, Familie weg, Freunde weg."
Doch nicht nur in dieser Hinsicht hat Reichtum eine Gefahr. Mancher hat sich auf seinen Reichtum und sein Vermögen verlassen. Aber in der Menschheitsgeschichte gab es immer wieder Hyperinflationen, die alle Werte auffrassen. In den 1920iger Jahren gab es im Deutschen Reich eine derartige Inflation, dass Deutschland aus lauter Milliardären und trotzdem aus lauter Bettlern bestand: Man musste schon mit einer Schubkarre voller Geld zum Bäcker fahren, um sich ein kleines Brot kaufen zu können. Und auch unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg war die Reichsmark so wenig wert, dass man die Geldwährung in Zigarettenwährung umwandelte. Zudem hatte der Krieg Werte zerstört: Ganze Straßenzüge unserer Städte waren zerstört, und selbst in kleineren Ortschaften kam es zu Zerstörungen, und was noch stand, wurde oft von den Besatzungsmächten konfiziert. Damals haben ebenfalls viele ihr ganzes Hab und Gut verloren, insbesondere jene, die aus den Ostgebieten fliehen mussten. In der DDR kam es zu Zwangsenteignungen.
Aber soweit muss man gar nicht gehen: Der reiche Kornbauer verließ sich ebenfalls auf sein Geld, auf das, was in seinen Scheunen und Tennen war. Er wollte nun das Leben genießen, doch in der Nacht starb er. Lebensfremd ist dieses Beispiel nicht: Wie viele haben gespart und Vorsorgepläne abgeschlossen, hätten eine gute Rente und eine zusätzliche Betriebsrente sowie eine Privatrente gehabt, doch kurz nach ihrer Pensionierung starben sie. Wie oft ereilt der Tod Menschen plötzlich und unerwartet durch einen Unfall oder einen Herzinfarkt? Wie oft machen Naturkatastrophen dem Vermögen den Garaus? Deshalb erklärte Jesus:
"Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott."
Lukas 12, 16-21
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Das ewige Leben lässt sich auch nicht mit irdischen Gütern erkaufen. Grabbeigaben wie wir sie von den Pharaonen des alten Ägypten kennen, sind entweder durch den Zahn der Zeit zerfressen oder oft von Grabräubern gestohlen wurden. Im günstigsten Fall fanden diese Grabbeigaben ihren Weg in Museen und können von den Besuchern bestaunt werden; denjenigen, den sie mitgegeben wurden für die andere Welt, haben sie freilich gar nichts genutzt. Auf diesem Hintergrund versteht man das, was Jesus zu dem reichen Jüngling sagte:
"Und es fragte ihn ein Oberer und sprach: Guter Meister, was muss ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe? Jesus aber sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als Gott allein. Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!« Er aber sprach: Das habe ich alles gehalten von Jugend auf. Als Jesus das hörte, sprach er zu ihm: Es fehlt dir noch eines. Verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach! Als er das aber hörte, wurde er traurig; denn er war sehr reich. Als aber Jesus sah, dass er traurig geworden war, sprach er: Wie schwer kommen die Reichen in das Reich Gottes! Denn es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Reich Gottes komme. Da sprachen, die das hörten: Wer kann dann selig werden? Er aber sprach: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich."
Lukas 18, 18-27
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Wie weiter oben bereits dargelegt, können irdische Schätze immer gestohlen, können durch Brände und Naturkatastrophen vernichtet oder durch Fehlspekulationen in den Sand gesetzt werden. Manch einer, der erbte oder einen Lottogewinn machte, wurde durch das Verprassen des Geldes ärmer als zuvor. Viele Lottomillionäre sind zu ganz armen Menschen geworden, denen die gewonnenen Millionen regelrecht durch die Finger rannen und am Ende nichts als Schulden hatten.
Nein, Gott hat nichts gegen Reichtum: Moses war als Prinz in eine Pharaonenfamilie hinein adoptiert worden, Abraham und Hiob waren die reichsten Männer ihrer Zeit, Jakob kam mit einer großen Herde wieder zurück in sein Vaterland, reiche Witwen unterstützten Jesus, im jungen Christentum waren es Reiche, die die Missionare und die Bedürftigen unterstützten. Auch heute sind gutsituierte und reiche Leute Christen: Peter Hahne und der Schuhfilialist Deichmann sind Christen. Es geht allerdings darum, wie man mit dem Reichtum umgeht.
Es ist die Frage, ob wir unserem Reichtum, unseren Gütern vertrauen oder Gott. Letztendlich geht es darum, ob wir Schätze im Himmel haben, die keine Inflation, kein Rost und keine Motten auffressen, die nicht gestohlen werden können. Es ist die Frage, wo wir unser Herz haben: Bei den irdischen Gütern oder in Gottes ewigem Reich? Es ist die Frage, wo und wie wir unsere Prioritäten setzen, ob wir zu teilen fähig und willens sind oder nicht. Es liegt an uns, ob wir in den Himmel hineininvestieren, in das Reich Gottes oder nicht. Jesus hat gesagt:
"Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz."
Matthäus 6, 19-21
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Letztendlich ist die Investition in das Reich Gottes die nachhaltigste und gewinnbringendste: Das letzte Hemd hat keine Taschen. Wenn wir sterben, dann nehmen wir nichts mit. Dann geht es uns wie dem reichen Kornbauern aus dem Gleichnis. Wer aber Schätze im Himmel hat, der hat Werte auf ewig, und er wird daran Freude haben auf ewig.
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