In Matthäus 22,14 heißt es: "Denn viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt." Dieser Satz hat mich ins Grübeln gebracht: Was ist gemeint, dass Viele zwar berufen, aber nur Wenige auserwählt sind? Die Mehrheit unseres Landes ist doch christlich, gehört einer christlichen Kirche an oder ist zumindest christlich geprägt. Die Meisten von uns hatten Religionsunterricht, in der Regel begleitet vom Kommunion-, Firm- und Konfirmantenunterricht. Doch reicht das alles aus?
Viele sind berufen, weil sie das Christentum und die biblische Lehre in der Schule, im Kommunion-, im Firm- oder im Konfirmantenunterricht kennen gelernt haben. Viele sind berufen, weil sie christliche Eltern oder Großeltern hatten, weil sie in eine Kirche hineingetauft wurden und weil es Tradition hat, zumindest zu den Hochfesten wie Ostern oder Weihnachten in die Kirche zu gehen. Viele sind berufen, weil sie Mitglied einer Kirche sind, weil sie kirchlich heiraten, ihre Kinder taufen, firmen und konfimieren lassen und sich auch christlich beerdigen lassen. Viele sind berufen, weil sie sich in Kirchengemeinden und in ihren Sozialwerken engagieren: Mancher investiert dafür sehr viel Zeit und greift selbst tief in die Tasche.
Doch macht uns die Mitgliedschaft in einer Kirche auch zu Auserwählten? Sind Taufe, Kommunion, Firmung und Konfirmation, eine kirchliche Trauung und ein christliches Begräbnis Garanten für unsere Rettung? Machen christliches Elternhaus, eine christliche Fassade, das Engagement in Kirchen und kirchlichen Organisationen den Geretteten aus?
Die Antwort lautet: Nein! - Denn viele sind Mitglieder einer Kirche und doch dem Glauben so fern. Es gibt in den Mitgliederlisten der Kirchen viele, denen der christliche Glaube nur wenig bis gar nicht interessiert. Man weiß dies und das noch aus den Kindertagen. Mancher erinnert sich vielleicht auch daran, dass man zuhause gebetet und / oder die Bibel gelesen hat. Irgendwie ist vielleicht auch der barmherzige Samariter oder der arme Lazarus ein Begriff. Doch das allein genügt nicht.
Vielleicht kennen wir auch die Bibel sehr gut, doch das allein bringt uns die Rettung nicht: Die Pharisäer und die Schriftgelehrten kannten die Schriften sehr gut. Und doch waren die Meisten von ihnen verloren. Der Teufel selbst kennt die Bibel in- und auswendig wie wir es in der Überlieferung von der Versuchung Jesu erfahren.
Wir mögen der Bibel auch recht geben, wir mögen sie als das beste, schönste und interessanteste Buch halten, wir mögen sie täglich intensiv lesen und auch regelmässig Gottesdienste und Hauskreise besuchen. Wir mögen uns engagieren in Kirche und Gesellschaft. Doch gerettet sind wir dadurch alleine nicht, so wichtig Gottesdienste und Hauskreise, Engagement und Bibelstudium auch sind.
Was wir brauchen, ist auch kein oberflächliches Gebetsleben, das eigentlich nur aus Tradition gepflegt wird, und was bringt uns die Taufe, wenn unser Glaube nur schwammig ist und oberflächlich? Wenn wir nur deshalb kirchlich heiraten und uns nur deshalb kirchlich beerdigen lassen, wenn wir unsere Kinder nur deshalb taufen, firmen und konfimieren lassen, weil es ja immer so war und weil wir eine Familienfeier haben wollen, die irgendwie feierlich umrandet ist, wenn wir zu Ostern und / oder zu Weihnachten in die Kirche gehen, weil es ja so schön romantisch ist, dann sind wir berufen, nicht aber auserwählt. Es kommt auch nicht darauf an, ob wir nach außen hin fromm erscheinen: Fromm waren auch die Pharisäer, die Sadduzäer, die Schriftgelehrten. Fromme gab und gibt es auch unter den Heiden, unter Buddhisten, Moslems, unter Esoterikern. Selbst Atheisten können ziemlich fromm sein.
Wer ist dann auserwählt? - Derjenige, der Jesus als ganz persönlichen Retter und Erlöser angenommen hat, der diese Bekehrung ernst gemeint hat und zu ihr steht bis an das Ende. Aus dieser Ernsthaftigkeit wird der lebendige Glaube geboren, der nicht deshalb die Bibel liest und betet, der nicht deshalb zu Gottesdiensten geht und sich in Hauskreisen und Gemeinden engagiert, um fromm zu wirken, sondern der dies tut, weil er den Herrn Jesus liebt. Wenn ich bete, dann erzähle ich Jesus alles: Meine Sorgen genauso wie meine Freuden. Ich bitte Ihn um dies und das und danke Ihm auch. Für mich ist der Gottesdienst zwar auch eine Gewohnheit, doch keine, die oberflächlich ist, sondern eine, die Tiefgang hat. Ich nehme aus den Predigten etwas mit.
Anders ausgedrückt: Was bringt mir das Schreiben der Predigten, wenn ich nicht wirklich von Jesus überzeugt bin? Wenn ich nicht meine, was ich schreibe? Wenn in Wirklichkeit alles bei mir nur schwammig ist oder ich Texte nur deshalb verfasse, um ins Guinessbuch der Weltrekorde für die meisten Predigten zu kommen? Selbst wenn ich damit berühmt werde und Ehrungen der Menschen erhalte, so bin ich doch verloren, wenn mein Glaube an Ihn - Jesus - nicht echt ist. Wenn die Mission, die ich unter anderem in Form von Briefkastenaktionen mache, nicht aus dem lebendigen Glauben an Gott kommt und an meiner Liebe zu Ihm und die Verlorenen, dann bin ich nur ein übertünchtes Grab. Und dies gilt selbst dann, wenn meine Texte nobelpreisverdächtig wären.
Was wir brauchen, um auserwählt zu sein, ist kein frommes Gehabe, sondern echte Herzensfrömmigkeit, die die Liebe zu Jesus kennt und praktiziert, die auf Ihn vertraut und Seinen guten und vollkommenen Geboten folgt, denn jedes Nichtbefolgen Seiner Gebote ist der Ungehorsam und der Unglaube gegen Ihn, eine Lieblosigkeit gegen Gott selbst. Mit anderen Worten: Wenn wir unsere Frauen lieben, dann bringen wir ihnen doch auch einfach mal nur so einen Strauß Blumen mit oder laden sie zum Essen, ins Kino oder ins Theater ein. Wenn wir unsere Mutter lieben, dann denken wir an sie doch nicht bloß zum Muttertag nach dem Motto: "Heute brauchst du nicht zu arbeiten: Mach es morgen!" Nein, dann sind wir für sie da, dann helfen wir ihr, dann bringen wir sie zum Arzt, wenn sie alt ist und krank.
So ähnlich ist es auch mit Jesus: Wenn wir Ihn wirklich lieben, dann wollen wir Ihn erfreuen, dann folgen wir Seinen Geboten. Wie mit einem guten Freund, den wir sehr mögen, wollen wir mit Ihm zusammen sein und Zeit verbringen. Menschen, die einen Star, einen Prominenten verehren, saugen alle Informationen, die sie in Presse, aus Büchern oder aus Rundfunk und Fernsehen erhalten können, förmlich in sich auf. Die Auserwählten Jesu lesen aus ähnlichem Grund die Bibel, weil sie viel über Gott, über Jesus erfahren wollen, und sie befassen sich auch mit christlichen Schriften.
All dies dient nicht unserer eigenen Gelehrsamkeit, so wichtig Wissen auch ist, sondern es geschieht in der Liebe zu Jesus. Diese Liebe zu Jesus erzeugt Dankbarkeit und eine Lebendigkeit in unserer Beziehung zu Ihm, die spürbar wird in unserem Denken, Reden und Handeln. Und dadurch werden wir zu Auserwählten.
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