Aber es ward auch Titus nicht gezwungen, sich beschneiden zu lassen, der mit mir war, obwohl er ein Grieche war. Denn da etliche falsche Brüder sich mit eingedrängt hatten und neben eingeschlichen waren, auszukundschaften unsre Freiheit, die wir haben in Christo Jesu, daß sie uns gefangennähmen, wichen wir denselben nicht eine Stunde, ihnen untertan zu sein, auf daß die Wahrheit des Evangeliums bei euch bestünde.
Galater 2, 3-5 (Luther 1912)
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So bestehet nun in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen.
Galater 5,1 (Luther 1912)
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Ihr aber, liebe Brüder, seid zur Freiheit berufen! Allein sehet zu, daß ihr durch die Freiheit dem Fleisch nicht Raum gebet; sondern durch die Liebe diene einer dem andern.
Galater 5, 13 (Luther 1912)
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Freiheit haben sich alle Parteien auf die Fahnen geschrieben, und selbst Diktatoren wie Hitler, Mussolini, Lenin, Stalin, Mao und Pol Pot unterdrückten ihre Völker im Namen der Freiheit. Für die Freiheit gingen die Menschen auf die Straße und die Barrikaden, und Viele starben sogar im Kampf für die Freiheit. Künstlerische Freiheit bewundern wir sehr oft, aber auch die unternehmerische Freiheit.
Wir selbst leben in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die die Freiheit des Glaubens, der Meinung und der Weltanschauung schützt: Es steht jedem frei, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern oder auch nicht. Wir haben die Freiheit der Versammlung und der Demonstration, und wir können uns in Gewerkschaften, Verbänden, Bürgerinitiativen und Parteien zusammen schließen. Viele Menschen in weiten Teilen der Welt haben diese Freiheit nicht, und ich habe den Eindruck, dass durch das Antidiskriminierungsgesetz und dadurch, dass die Fraktionen im Bundestag Redner nicht mehr zulassen wollten, die nicht die Linie der Fraktion vertreten, frei sprechen dürfen. Hier sollten wir als Bürger wach sein und die Freiheitsrechte verteidigen.
Aber oft ist die viel gerühmte Freiheit gar nicht so schön, wie sie dargestellt wird: Unter den Begriffen "Spar- und Sachzwänge" werden Entscheidungen getroffen, die für viele Bürger nicht angenehm sind. Auch die unternehmerische Freiheit ist nicht immer das, was sie zu sein scheint: So mancher "freier Unternehmer" ist in die Scheinselbstständigkeit gedrückt worden und abhängig von einem Auftraggeber, von einer Gesellschaft. Viele "freie Handelsvertreter" und viele "freie Fuhrunternehmer" und "freie Taxler" wissen davon ein Liedchen zu singen. Auch auf dem Bau - einst bekannt für gut bezahlte Jobs - erfahren "freie Subs", wie auf ihrem Rücken an Lohn- und Sozialkosten gespart wird.
Es gibt aber eine wirkliche Freiheit, eine Freiheit, die uns unabhängig macht von Gruppendruck und vermeintlichen Sachzwängen, hinter denen sich nur faule Kompromisse verbergen, mit denen niemand wirklich leben kann und die sich spätestens mittelfristig bitter rächen. Diese Freiheit macht uns stark, geradlinig, tapfer, mutig. Und unser Befreier ist nicht irgendwer, Er ist niemand, der ausschließlich in den Annalen der Geschichte steht, aber dennoch tot und nur noch von historischem Interesse ist: Es handelt sich dabei um Jesus.
Jesus macht uns wirklich frei, weil Er uns von der Knechtschaft der Sünde befreit. Weil das Herz des Menschen von Jugend auf sündig ist, sündigen wir geradezu zwanghaft. Der Mensch kann nicht von sich aus das Böse lassen, sondern neigt immer dazu, das Böse zu tun. Wir können uns von der ein oder anderen schlechten Angewohnheit trennen, wir können selbst unserer Streitsucht einen "kultivierteren" Rahmen geben, doch wirklich gut werden wir aus eigener Kraft niemals. Das ist auch der große Irrtum aller Selbsterlösungstheorien, eingeschlossen der Reinkarnationslehre.
Erst wenn wir Jesus als Retter angenommen haben, werden wir frei von Sünde, und wir müssen uns nicht mehr einem falschen Gruppendruck beugen. So erinnere ich mich, dass mich ein Kollege - damals arbeitete ich in einem Sicherheitsdienst - dazu bringen wollte, dass ich mit einigen anderen Kollegen mit in ein Bordell fahre, doch ich lehnte mit dem Hinweis ab, dass ich Christ bin und deshalb solche Besuche aus moralischen Gründen ablehne. Es bedarf dabei ein gewisses Maß an Rückgrat, doch weil ich den Sohn habe, habe ich auch die Freiheit, da nicht mit tun zu müssen, wo es nicht angebracht ist, selbst wenn es mir Spott einbringt.
Meistens ist es aber so, dass man letztendlich respektiert wird, wenn die Anderen bemerken, dass man fest zu seinen Ansichten und Überzeugungen nicht nur in Wort, sondern auch in der alltäglichen Handlungsweise steht: Dadurch beweist man ja, dass man ehrlich ist und zuverlässig. So hatte ich einmal meinen Geldbeutel im Zug verloren; glücklicherweise wurde er von einer Schaffnerin gefunden und an einem Servicepunkt der Bahn abgegeben. Aber irgendwie musste ich ja dahin kommen. Ein Bekannter lieh mir Geld, dass er, nachdem ich meinen Geldbeutel wieder hatte, auch prompt zurück bekam. Er sagte: "Ich wusste, dass man sich auf dich verlassen kann; sonst hätte ich dir keinen Cent gegeben. Die Meisten, denen man etwas leiht, geben es einem nie mehr zurück." Ein solches Vertrauen tut einem selbst gut.
In Christus sind wir auch nicht gezwungen, uns in irgendwelche Schemata pressen zu lassen. Wie aus dem Galaterbrief 2, 3-5 ersichtlich ist, gab es unter den ersten Christen darüber Streit, ob sich Neubekehrte aus dem Heidentum beschneiden lassen müssen. Paulus gibt hier eine klare Antwort der Freiheit. Unser Glaube hängt ja nicht von äußeren Formen und Zeichen ab, sondern von unserer Herzenseinstellung. Es ist auch nicht ausschlaggebend, ob wir stehend, sitzend oder kniend beten: Wenn wir frei in der richtigen Herzenshaltung beten, dann kommt die äußere Haltung von allein.
Wir müssen keine bestimmten Riten oder Formeln einhalten, sondern dürfen zu Gott in eigenen Worten beten. Dadurch haben wir auch die Freiheit, Ihm zu sagen, was uns wirklich auf dem Herzen liegt. Gott interessiert sich an uns, wir sind Ihm wichtig. Er möchte aus unserem Munde hören, was wir hoffen, wie es uns geht. Wir erzählen Ihm, dem Allwissenden, zwar nichts Neues, doch wir bekommen dadurch eine lebendige und befreiende Beziehung zu Ihm. Wer seine Schuld bekennen kann, wer Vergebung erfährt, der wird auch von den Lasten seiner Vergangenheit befreit.
Weil wir zur Freiheit befreit sind, tun wir gut daran, diese Freiheit auch zu behalten statt das Joch der Knechtschaft anzulegen. Es ist wie beim Auszug der Hebräer aus Ägypten, die zurück wollten in die Sklaverei Ägyptens, weil sie sich vor der Freiheit fürchteten. Sicher hat man durch Freiheit auch Verantwortung: Ein Sklave muss ja auch nichts entscheiden; vielmehr wird ihm befohlen, und er hat zu gehorchen. Wer aber frei ist, der muss sich entscheiden. Aber dieses Müssen ist zugleich ein Dürfen. Wollen wir wirklich jemanden haben, der uns sagt, wie wir denken sollen, der uns vorschreibt, was wir lesen dürfen? Wer dies möchte, dem sei es unbenommen, doch er soll sich dann nicht beklagen, wenn er wie ein unmündiger Säugling behandelt wird und nicht wie ein Erwachsener. Wer immer unter dem Joch ist, wird niemals lernen, aufrecht zu gehen. Das führt zu der Frage, ob er Rückgrat hat und wirklich aufrichtig sein kann. Nur der Freie kann aufrecht gehen.
Als Kain seinen Bruder Abel hinterhältig ermordet hatte, konnte Kain nicht mehr aufschauen. Die Sünde ließ ihn seinen Blick nach unten richten. Der Freie hingegen kann anderen in die Augen sehen, und für alle Beteiligten ist es besser, wenn sie auf Augenhöhe miteinander zu reden vermögen.
Der Knecht ist auch kein Erbe; er wird immer ein Befehlsempfänger sein, der sich mit dem begnügen muss, was man ihm zugesteht. Wir aber sind in Christus Königskinder und Erben Seines Reiches. Dort werden wir mit Ihm regieren dürfen. Das aber ist kein Freifahrtschein für eine falsch verstandene Freiheit. Die Freiheit, zu der Jesus uns befreit, ist keine Freiheit, munter drauf los zu sündigen in der Verblendung, dass alles erlaubt ist. So sagt Paulus im 1. Korinther 10, 23: "Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist erlaubt, aber nicht alles baut auf."
Freiheit hat also immer sehr viel mit Verantwortung zu tun.
Diese Verantwortung aber macht uns fähig, für uns selbst und für Andere das Richtige zu tun. Wer Verantwortung übernimmt, wird auch die Sorgen und Nöte anderer Menschen sehen und - so gut er eben kann - ihnen beistehen. Wer sich dieser Verantwortung stellt, wird also nicht mehr dem Fleisch, sondern dem Geist Raum geben, der lebendig macht. In diesem Geist sind wir fähig und bereit, anderen zu helfen und zu dienen. Dieser Dienst hat mit Knechtschaft rein gar nichts zu tun. Eine Krankenschwester, ein Arzt, ein Feuerwehrmann dienen genauso wie ein Polizist, ein Rettungsassistent oder der Pilot eines Rettungshubschraubers. Alle diese dienenden Berufe haben eine hohe Verantwortung und setzen die Fähigkeit zu kompetenten Entscheidungen voraus.
Freiheit ist etwas Schönes, Großartiges. Sie gibt unserem Erlöser Raum, in und durch uns zu wirken. Damit werden wir zum Licht in dieser Welt. Es ist schön, ein Licht zu sein; dadurch sieht man selbst erheblich besser.
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