Erst kürzlich hatte ich ein Gespräch über den christlichen Glauben, und es ist erschreckend, dass viele darin ausschließlich "Geldmacherei" sehen. Dabei denken sie an die Spendenaufrufe der christlichen Kirchen genauso wie den der Missionswerke und der christlichen Hilfswerke. Ganz sicher denken viele auch an die Beteiligungen an Unternehmen durch christliche Stiftungen. Doch ist dieser Blickwinkel berechtigt?
Nun denn: Leider gibt es wirklich den ein oder anderen Prediger, für den der christliche Glaube ein Geschäft ist, mit dem er sich eine goldene Nase verdient und sich dadurch ein Luxusleben finanziert. Doch die Erkenntnis, dass es überall schwarze Schafe gibt, ist nicht neu. Jesus selbst warnte vor falschen Propheten, und in den Briefen an die ersten Gemeinden wird vor Irrlehrern gewarnt.
Fakt ist, dass die meisten Missionswerke ihre Verteilschriften kostenlos abgeben, damit Christen diese auch dann verteilen können, wenn ihre Finanzen selbst knapp sind. So kann sich auch ein Kleinrentner, ein Geringverdiener und / oder ein Hartz-IV-Empfänger mit Schriften eindecken und sie verteilen. Die Spendenbasis zwingt die Missionswerke dazu, gut zu haushalten.
Darüber hinaus fordern ja die meisten Menschen von den Kirchen und Freikirchen mit Recht soziales und gesellschaftliches Engagement, Seelsorge und Begleitung. Es engagieren sich dabei sehr viele Ehrenamtliche: Kleiderkammern, Suppenküchen und Tafeln haben in aller Regel "nur" Ehrenamtliche. Aber mit Ehrenamtlichen geht es nicht allein: Wir brauchen Mitarbeiter, die da sind, und diese müssen schließlich auch von irgend etwas leben. Auch sie haben Hunger und Durst, auch sie brauchen ein Dach über dem Kopf und Kleidung, auch sie haben Familie, auch ihre Kinder gehen zur Schule und brauchen entsprechend Schulmaterial und Bücher.
Und auch beim Einsatz von Ehrenamtlichen entstehen Kosten: Autos sind zu finanzieren, Mieten, Strom, Wasser, Müllabfuhr sind zu bezahlen, Reparaturen und damit Materialkosten fallen an. Die Ehrenamtlichen greifen oft selbst ganz tief in die eigene Tasche, und manch Ehrenamtlicher fährt mit dem eigenen Auto viele Kilometer, um z. B. Alte zu unterstützen, Kranke zu besuchen, Kleiderspenden abzuholen usw.
Tafeln und Kleiderkammern können die christliche Nächstenliebe letztendlich nur bewerkstelligen, wenn außer Geld- auch Sachspenden kommen. Keine Tafel kann Brot ausgeben, wenn sie keines hat, keine Suppenküche kann etwas kochen, wenn sie keine Zutaten hat, keine Kleiderkammer kann die Wäsche ausgeben, die nicht vorhanden ist.
In dem oben erwähnten Gespräch sagte die junge Frau, dass sie deshalb vom Buddhismus begeistert sei, weil es dort ja nicht um Geld ginge: Man gäbe ein Schälchen Reis, das den Armen gegeben würde. Nun denn: Geben die Armenküchen und Tafeln nicht auch die gespendeten Nahrungsmittel an Bedürftige weiter? Geben Kleiderkammern nicht auch die Hosen, Hemden, Pullover und Kleider an Arme weiter, die sie gespendet bekommen haben? Wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen?
Die Frau sagte zudem, dass Geld nur gespendet würde, um gute Sachen zu machen wie den Bau einer Leichenhalle, weil man in Thailand erst nach drei Monaten beerdigt (verbrannt) wird und die Toten ja irgendwo aufbewahrt werden müssen. Ich kenne zwar die thailändischen Beerdigungsvorschriften genau so wenig wie die Todesrituale im Buddhismus, doch auf die Finanzierung, die die Frau erwähnte, kann ich nur antworten: Mit dem Geld, dass an christliche Werke abgegeben wird, wird sehr viel Gutes gemacht.
So hat Samaritan Purchase (das Hilfswerk des berühmten Predigers Billy Graham) einem muslimischen Jungen im Kosovo eine in den USA vollzogene Herzoperation finanziert, und sie gewährt international medizinische Hilfe. Von der Arbeit der Heilsarmee, von Pfarrer Siegelkows Engagement für arme Kinder, von der Sabine-Ball-Stiftung in Dresden, die sich um Jugendliche kümmert, die gestrandet sind, habe ich oft geschrieben. Die Arbeit der Diakonie, der Johanniter, der Inneren Mission, der Bahnhofsmissionen ist ebenfalls bekannt. Hephata, Kehl-Kork, Bodelschwingsche Anstalten, zu denen auch Bethel gehört, sind weitere Beispiele für die Behindertenarbeit.
Christliche Kirchen und Werke bitten um Geld, das stimmt. Es stimmt auch, dass Stiftungen sich unter anderem durch Beteiligungen und den Zinsen ihres Kapitalstockes finanzieren, doch wirklichen Gewinn in betriebswirtschaftlicher Hinsicht machen sie nicht: Das Geld verwenden sie für Bedürftige, für medizinische Hilfen, für Seelsorge, für Entwicklungshilfe. Ich selbst bin froh, dass solche Organisationen unterstützt werden. So brauchte ich nach dem Tod meiner Mutter mehrfach die Telefonseelsorge, die ja auch auf die Arbeit der Kirchen zurück geht und bei denen ich mehr als einmal mein Herz ausschütten konnte.
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