Im alten Rom hatte man an belebten Strassen amphorenartige Latrinen aufgestellt, um den Urin einzusammeln: Gefaulter Urin, aus dem sich alkalisches Ammoniak bildet, wurde damals als Mittel für die Ledergerbung benötigt. Kaiser Vespasian, der die leeren Staatskassen Rom füllen wollte, erhob auf diese öffentlichen Toiletten eine Latrinensteuer. Sein Sohn und Nachfolger als Kaiser Titus war von dieser Idee nicht besonders begeistert; deshalb hielt ihm Vespasian das Geld, welches durch eben diese Latrinensteuer eingenommen wurde, unter die Nase und fragte: "Sciscitans num odore offenderetur? (= Stört dich dieser Geruch?)" Titus verneinte, worauf sein Vater erklärte: "Atqui e lotio est" (= Und doch ist es vom Urin!)" Daraus entstand später die Redewendung "Pecunia non olet - Geld stinkt nicht!"
Doch was für die Finanzierung des römischen Staatshaushaltes legal und legitim gewesen ist und prinzipiell zur Finanzierung eines Staates von heute genauso legal und legitim ist, muss für uns Christen nicht genauso vertretbar sein, im Gegenteil: Für uns gelten andere, strengere ethische Richtlinien, und das ist auch gut so. Dabei hatten die ersten Christen, die loszogen, um das Evangelium zu verbreiten, meist nicht mehr als das, was sie auf dem Leibe trugen. Sie zogen quasi aus und lebten - vereinfacht gesprochen - vom Hand in den Mund und bauten ihr Vertrauen auf Gott. In einer solchen sicher nicht einfachen Situation nahmen sie dennoch von den Heiden nichts. Darin waren sie sehr konsequent, und ich muss zugeben, dass ich lange gebraucht habe, um dies zu verstehen: Schließlich ist doch jeder Cent wichtig, wenn es um die Mission geht! Die Menschen brauchen das Heil, und dies ist mit Kosten verbunden. Dass die Evangelisten schließlich auch von irgend etwas leben müssen, wenn sie dies als hauptamtlichen Dienst versehen, liegt ebenso auf der Hand. Da ist es verständlich, wenn man nicht lange fragt, woher das Geld kommt.
Aber das ist ja auch gefährlich: Wer das Geld gibt, möchte gern auch Einfluss nehmen. Ist jemand nicht einhundertprozentig von der Richtigkeit des Evangeliums überzeugt, dann ist er versucht, seine materiellen Gaben mit einem gewissen Einfluss zu verbinden. Sprich: Der nichtchristliche Spender versucht vielleicht, eindeutige, aber missliebige Textpassagen der Bibel umzudeuten; so kann es sein, dass man den allein selig machenden Glauben an das Heilsgeschehen Jesu zu relativieren versucht und den Menschen fälschlicher- und damit fatalerweise erklärt, es gäbe mehrere Heilswege. Oder man versucht, dass bestimmte Regionen oder Bevölkerungsgruppen nicht missioniert werden. Heute ist es vor allem umstritten, Juden zu missionieren und davon zu überzeugen, dass auch sie Jesus brauchen, um gerettet zu werden. Es gibt Stimmen auch im christlichen Lager, die von einem Holocaust mit anderen Mitteln sprechen. New Ager und andere nichtchristliche Kreise unterstellen dem Missionsbefehl Jesu einen Imperialismus, der Kulturen und Völker zerstören würde. Nähme man von diesen Kreisen Geld an, dann würde man dazu verführt, die Mission zu unterlassen. In der Folge würden noch mehr Menschen verloren gehen.
Doch auch eine weitere Gefahr ist gegeben: Die ethischen Grundsätze des Christentums haben einen hohen Anspruch. So ist die Sexualität außerhalb der Ehe etwas, was man in Neudeutsch als "No-Go" bezeichnet, etwas, das nicht geht. Wären wir als Christen glaubhaft, wenn wir uns mit Spenden finanzieren, die aus dem Rotlichtmilieu kommen? Wer würde denn einer Brauerei, einer Weinkellerei, einer Schnapsbrennerei glauben schenken, wenn sie die Abstinenzbewegung unterstützt? Was würden wir denken, wenn der Generaldirektor eines Rüstungskonzerns mit seinen Mitarbeitern vorneweg in der Friedensbewegung mitmarschieren würde? Schlachter und Metzger, die einen Verein der Veganer unterstützen, tun dies allenfalls als Werbegag. Und es kommt auch niemand auf die Idee, mit einer dicken, qualmenden Havanna im Mundwinkel Unterschriften gegen das Rauchen in der Öffentlichkeit zu sammeln. Es wirkt vielleicht ganz witzig, aber sicher nicht sehr überzeugend.
Deshalb tun wir Christen gut daran, kein Geld für die Mission von Nichtchristen anzunehmen, denn das bewahrt sowohl unsere Unabhängigkeit, aber schult auch unser Gottvertrauen und lässt uns glaubwürdig bleiben. Gleichzeitig nimmt uns dies auch in die Pflicht: Wenn wir auf Spendeneinnahmen außerhalb unseres Glaubens verzichten, dann müssen wir die Kosten dafür selbst buckeln. Dies kann sowohl durch Sachspenden geschehen, vielleicht durch einen gut erhaltenen Geschäftswagen für die Gemeinde, einige christliche Bücher für die Kirchenbibliothek und ähnliches, aber auch dadurch, dass wir unseren Zehnten geben. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass das Geld, das wir in die Reich-Gottes-Arbeit investieren, stets gut angelegt ist: Gott ist ein Gentleman, der uns das vergilt, was wir für Ihn tun. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass wir hier auf der Erde dadurch materiell reich werden: Ein solches Wohlstandsevangelium versteht Vieles völlig falsch, doch wir können sicher sein, dass Gott uns mit allem Notwendigen versorgt und wir in Seinem Königreich entsprechend unserer Saat auch ernten werden.
Zudem ist es vermessen, so genanntes Hunde- und Hurengeld in das Haus Gottes zu bringen. Gott möchte sich nicht mit krummen Geschäften in Verbindung bringen: Das verbietet Seine absolute Heiligkeit und Majestät. Wir können ja auch nicht mit erpresstem oder gestohlenem Geld den Kampf gegen die Kriminalität aufnehmen nach dem Motto: Verbrechensbekämpfung durch die Durchführung von Verbrechen! - Dies widerstrebt ja dem gesunden Menschenverstand! Genauso können wir als Christen ja wohl kaum ein atheistisches Buch verfassen, um aus dessen Tantiemen die Evangelisation zu finanzieren. Das wäre letztendlich kontraproduktiv.
Von den Heiden nichts annehmen: Das steht uns deshalb gut zu Gesicht!
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