Dieses Kapitel aus dem 1. Buch Mose zu interpretieren, ist nicht leicht: Hier merke ich, wie sehr ich auf die Gnade Gottes angewiesen bin, um das Richtige sagen zu können, denn leicht wird man hier missverstanden, weil gerade in Deutschland der Begriff "Volk" durch die traurige und die dunkelste Zeit unserer Geschichte, dem Dritten Reich, weit über die Maßen missbraucht worden ist. Aber es geht hier nicht um eine "völkische" Betrachtung, sondern darum, dass Gott alles geschaffen hat: Die Sterne des Himmels, die Pflanzen, die Tiere, die Menschen - jeden Einzelnen von uns! -, aber auch die Völker. Und wie Er jedem Einzelnen von uns von Gott eine Berufung und einen Auftrag hat, so hat auch jedes Volk seine von Gott gegebene Aufgabe.
Gott geht es hier nicht darum, dass Völker sich feindlich gegenüber stehen oder irgendein Volk sich einbilden darf, es sei "das Herrenvolk", sondern Er möchte uns mit der Völkertafel zeigen, dass Er - Gott - alles in der Hand hat, dass Er unser Ausgangspunkt ist und durch Christus Jesus unser Ziel sein möchte, damit wir eines Tages in Seinem Königreich mit Ihm gemeinsam im neuen Jerusalem leben werden. Dieser Bibelabschnitt sagt mir, dass Gott Menschen unabhängig von ihrer Sprache, ihrer Kultur, ihres Milieus gebrauchen kann. Und weil Gott auch Schöpfer der Völker ist, verstehe ich, dass ich Menschen unabhängig ihrer Sprache und Kultur mit Respekt und Anstand zu behandeln habe. Wenn jemand Christ ist, dann ist dieser Mensch zugleich mein Glaubensbruder, unabhängig davon, ob er Deutscher, Franzose, Israeli, Australier, Afrikaner oder Brasilianer ist.
Es geht also nicht darum, hier irgendeinen Nationalismus zu rechtfertigen, sondern darum, dass Gott der Schöpfer ist, auch der Schöpfer von Sprachen, Völkern und Kulturen; sie verdeutlicht einmal mehr die große Kreativität Gottes. Weil Christen aus unterschiedlichen Völkern und Sprachen kommen, haben wir aber zugleich die Chance, der Welt zu zeigen, dass die Liebe, die uns Jesus geboten hat, nicht an äußerliche Grenzen gebunden ist.
Gleichzeitig hat Gott durch die babylonische Sprachenverwirrung uns auch eine Gnade geschenkt: Wären die Sprachen beim Turmbau zu Babel nicht verwirrt worden, wären wir Menschen noch hochmütiger geworden, und es zu würden noch mehr Menschen als ohnehin schon verloren gehen. Die Schaffung der Völker war die Gnade, dass wir Menschen nicht zu mächtig geworden sind und mehr nach Gott fragen.
Das, was Gott tut, hat immer einen Sinn, geschieht immer aus Liebe zu uns, um uns zu rufen, um uns zu sich zu rufen.
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