In Bert Brechts Dreigroschenoper singt Mecky Messer: "Und die einen steh'n im Dunkeln, und die andern steh'n im Licht. Die im Lichte kann man sehen, die im Dunkeln sieht man nicht." So einfach dies klingt, so tiefgründig ist die Wirklichkeit der Aussage: Es gibt Menschen im Dunkeln und Menschen im Licht. Es gibt Menschen auf der Schattenseite des Lebens und Menschen auf der Sonnenseite. Auf die biblische Ebene übertragen: Es gibt Menschen im Windschatten Gottes und Menschen, die von Gottes Geist angehaucht sind. Die einen setzen bei jedem göttlichen Lichtstrahl sofort ihre Sonnenbrille aus Bosheit, Angst, Gleichgültigkeit und Egoismus auf. Die anderen öffnen sich der göttlichen Wärme und Liebe. "Der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht am Morgen, das immer heller leuchtet bis zum vollen Tag. Der Gottlosen Weg aber ist wie das Dunkel; sie merken nicht, wodurch sie zu Fall kommen werden" (Sprüche 4,18 f.).
Nun steht da die große Zusage: "Ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages." "Ihr alle" - das sind alle, die in der Gemeinde Jesu Christi als gläubige Glieder sind, alle, die den Geist Gottes empfangen haben. Gott selbst ist Licht (1. Johannes 1,5), und wer Seinen Geist annimmt, ist Kind des Lichts. Was ist das Besondere am Kind des Lichts? Licht ist Metapher (Bildwort) für Erlösung, Heil und damit Glück und Freude. "Im Licht stehen" heißt: herausgetreten sein aus der Übermacht der Finsternis mit Hilfe der Kraft Gottes. Wer im Licht steht, tut Werke des Lichts, der Gerechtigkeit und Wahrheit. Wer im Licht Gottes steht, ist anders als die anderen, die Gott nicht kennen: Er schläft nicht, sondern ist wach und empfangsbereit für die hereinbrechende Wirklichkeit des HERRN.
Karl Marx hat den Vorwurf erhoben: "Christentum ist Opium für das Volk. Christen sind Träumer, Vertröster, Utopisten." - Das Gegenteil trifft zu: Christen sind Realisten. Sie sind hellwach. Sie rechnen mit der Wiederkunft Christi und stellen sich in ihrem Leben darauf ein, nicht in Untätigkeit und einem Laufenlassen der Dinge ins Chaos hinein, sondern im Nüchternsein und tätigen Wirken auch in der Endzeit. Christen sind daher nicht Vertröster, sondern wahre Tröster, weil sie einen Blick für die Unvollkommenheit des Menschen haben und den Aufblick zum alles vollendenden HERRN.
Kinder des Lichts sein heißt daher, alles andere als die Hände in den Schoß legen. Es heißt: sein Öl in der Lampe bereithalten (vgl. Matthäus 25). Kinder des Lichts sein heißt: Licht der Welt sein und gegen das Böse, gegen Missstände in der Welt in Jesu Namen ankämpfen, aber nicht im Aktivismus aufgehen oder resignieren, wenn etwas nicht gelingt. Anspornend ist die Vorfreude auf das kommende Reich. Kinder des Lichts sein heißt schließlich: das Licht in die Finsternis, die Welt, den Machtbereich des Satans hineintragen. Es heißt: sich nicht der Welt gleichstellen, aber sich auch nicht ausgrenzen wie manche Sekte. So wie Jesus als Licht in der Finsternis leuchtete (Johannes 1,5), sollen auch wir als Jünger Jesu leuchten. Nicht als das Licht selbst, aber immerhin als Reflektoren des Lichtes Jesu! Wir müssen kein eigenes Licht erzeugen, keine Geistesblitze zünden, keine "großen Leuchten" sein. Jesus will nur, dass wir Scheinwerfer sind, die Sein Licht spiegeln, bündeln und weiterstrahlen (Matthäus 5,14). Tun wir das?! Im folgenden Lied nenne ich ein Beispiel:
Weit ist die Strecke zum Mond, doch der neben mir wohnt,
scheint viel weiter entfernt zu sein.
Ich läute an seiner Tür, sage: "Ich will zu dir.
Du bist mir nicht egal."
Ich gehe einfach hin und rede mit ihm
und merke bald, wie er sich freut.
Ich bitte Gott, dass Er ihn aus seiner Not
und seiner Einsamkeit befreit.
Und er erzählt mir: Einmal hatte er Pech.
Seither besucht ihn keiner mehr.
Die alten Freunde bleiben würdevoll fern –
und neue finden, das ist schwer.
Weil Jesus Christus auch an meine Tür ging,
geh' ich an meines Nächsten Tür.
Er gibt mir Kraft, Sein Freudenbote zu sein.
Er sagt mir: Geh', Ich bin mit dir!
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