Ja, sicher: Wir geben ja zu, den ein oder anderen Fehler zu haben. Und bedauerlicherweise haben wir hier und da auch mal eine kleine Sünde begangen. Aber nach diesen Geständnissen fängt meistens auch das Eigenlob an. Das bemerke ich bei mir: Letztendlich schreibe ich ja Texte in drei christlichen Foren, ich verteile ja Traktate, ich gehe zur Blutspende, ich bin gefällig und, und, und ....
David, ein Mann nach dem Herzen Gottes, war da weitaus realistischer: Er bat Gott darum, Ihm gnädig zu sein, genauso wie der Zöllner aus dem Gleichnis Jesu. Und wenn ich ehrlich bin, dann fallen mir auch meine Sünden ein; die Liste meiner Übertretungen fällt ganz sicher nicht unter die Überschrift "Fasse Dich kurz!" Da kommt der Bundeswehrspruch schon besser hin: "Soldat Kenn, stehen Sie bequem: Die Abreibung dauert etwas länger!"
Es sind ja nicht die großen Sünden, aber die vielen Kleinigkeiten: Da interpretiere ich die Wahrheit sehr großzügig zu meinen Gunsten, da bemerke ich, dass ich jemanden Unrecht tue, dort bemerke ich, dass ich ein ganz kleines bisschen neidisch bin. Je intensiver ich nachdenke, umso grösser werden die Sünden, die ich habe: Hier habe ich jemandem noch nicht richtig vergeben, da habe ich noch Hass in meinem Herzen. Vor diesen Tatsachen schmilzt die Liste meiner "guten Taten" ziemlich schnell dahin, insbesondere aufgrund der Tatsache des Eigennutzes: Schließlich gehe ich ja zur Blutspende, weil ich dort regelmässig auf Krankheiten hin überprüft werde ohne dafür eine Praxisgebühr zahlen zu müssen. Billiger kann man Vorsorge nicht haben. Und auch, wenn ich jemanden gefällig bin, geschieht es bei mir auch meistens aus Berechnung, und wenn es nur darum geht, einen guten Eindruck zu machen. So gut wie ich gerne sein möchte, bin ich nicht.
Da geht es mir wie der Pharisäer: Beweihräuchern kann ich mich zwar sehr gut, doch wenn ich etwas Gutes tue, dann aus Gesetzestreue oder aus der Angst heraus, mich zu blamieren oder ein Bussgeld bezahlen zu müssen, aber nicht aus Liebe. Es geht mir nicht um Moral, ich fürchte nur den Skandal, und das Gute, das ich tue, geschieht eben nicht aus Liebe, sondern aus Eigennutz, was das Gute in seiner Wirkung zwar hoffentlich wünschenswert bleiben lässt, aber als gute Tat vor Gott so nicht zählt.
Kurz und gut: Ich bin zwar wiedergeborener Christ, aber deshalb doch nicht die Ausgeburt der Heiligkeit als solcher. Auch als wiedergeborener Christ laufe ich nicht mit permanent leuchtendem Heiligenschein herum. Mir fällt da ein Satz eines Mitbruders ein, der ganz treffend sagte: "Wir Christen sind keine besseren Menschen, aber aufgrund Seiner Gnade besser dran!"
Ja, und das stimmt: Nicht aus unseren guten Werken sind wir errettet, nicht wegen unserer Heiligkeit, nicht wegen unserer Güte, sondern aus dem Glauben, aus der Gnade heraus.
Wenn Jesus nicht für mich gestorben wäre, wenn ich dieses Angebot nicht angenommen hätte, dann wäre ich verloren. Den Himmel habe ich nicht verdient, an mir wird nur offenbar, wie groß die Gnade Gottes ist.
Die Frage von Außenstehenden - "Und du willst Christ sein?" - ist deshalb mir gegenüber sicher nicht unberechtigt; es beweist aber die übergroße Gnade Gottes, der sogar einem Sünder wie mir vergibt.
Deshalb ist der 51igste Bußpsalm ein Psalm, der mir die Augen über mich selbst öffnet, und das Gleichnis vom Pharisäer zeigt mir, welche Arroganz ich noch im Herzen habe, weil ich mich gerne selbst lobe. Ich tue aber gut daran, ehrlichen Herzens in die Rolle des Zöllners zu schlüpfen und zu sagen, dass ich ein Sünder bin, zugeben, dass ich auf Gottes Gnade angewiesen bin. Ich bin ein Sünder, der nur begnadigt wurde.
Das lässt mich bescheiden werden, wenn ich Unerlösten gegenüber stehe.
Ein Psalm Davids, vorzusingen; da der Prophet Nathan zu ihm kam, als er war zu Bath-Seba eingegangen. Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Wasche mich wohl von meiner Missetat und reinige mich von meiner Sünde. Denn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir. An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, auf daß du recht behaltest in deinen Worten und rein bleibest, wenn du gerichtet wirst. Siehe, ich bin in sündlichem Wesen geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. Siehe, du hast Lust zur Wahrheit, die im Verborgenen liegt; du lässest mich wissen die heimliche Weisheit. Entsündige mich mit Isop, daß ich rein werde; wasche mich, daß ich schneeweiß werde. Laß mich hören Freude und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. Verbirg dein Antlitz von meinen Sünden und tilge alle meine Missetaten. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, gewissen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Tröste mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem freudigen Geist rüste mich aus. Ich will die Übertreter deine Wege lehren, daß sich die Sünder zu dir bekehren. Errette mich von den Blutschulden, Gott, der du mein Gott und Heiland bist, daß meine Zunge deine Gerechtigkeit rühme. HERR, tue meine Lippen auf, daß mein Mund deinen Ruhm verkündige. Denn du hast nicht Lust zum Opfer, ich wollte dir's sonst wohl geben, und Brandopfer gefallen dir nicht. Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, Gott, nicht verachten. Tue wohl an Zion nach deiner Gnade; baue die Mauern zu Jerusalem. Dann werden dir gefallen die Opfer der Gerechtigkeit, die Brandopfer und ganzen Opfer; dann wird man Farren auf deinem Altar opfern.
Psalm 51 (Luther 1912)
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Er sagte aber zu etlichen, die sich selbst vermaßen, daß sie fromm wären, und verachteten die andern, ein solch Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Ich sage euch: Dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
Lukas 18, 9-14 (Luther 1912)
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