Wir Menschen haben die üble Angewohnheit, unsere eigene Schuld zu relativieren: Schließlich haben wir ja keinen umgebracht, im Grunde sind wir ehrlich, und wenn wir einmal schwindeln, dann meinen wir es doch nur gut und wollen höflich sein. Dort, wo wir fehlen, handelt es sich doch sowieso nur um Kleinigkeiten, und was soll's? Schließlich und endlich ist ja niemand perfekt. Wir sind ja alle kleine Sünderlein ....
Aber gerade das ist ja das Problem: Unsere Sünde - ganz gleich, wie klein oder groß sie sein mag - trennt uns von Gott, der viel zu heilig ist, um auch nur die allerkleinste Sünde durchgehen zu lassen; würde Er dies tun, dann hätte Satan gewonnen, ein irreparabler Dammbruch sondergleichen.
Dies mag zunächst und oberflächlich betrachtet spießig, überzogen und ungerecht erscheinen: Was ist denn schon ein gestohlener Apfel? Fehlt dieser am Baum, so merkt es der Eigentümer meist doch nicht. Doch es bleibt ja nicht bei dem einen Apfel und auch nicht bei kleinen Diebstählen: Allein die Summierung solcher Diebstähle zeigt die Tragweite der Schuld, der immer mehr hinzugefügt wird.
Sünde ist zudem mit Suchtkrankheiten vergleichbar; ich bitte, hier nicht falsch verstanden zu werden, doch es ist Fakt, dass die größten Alkoholiker immer mit ihrem ersten Bierchen angefangen haben. Dieser Vergleich soll nicht den verantwortungsbewussten Umgang mit dem Alkohol angreifen, sondern anhand eines alltäglichen Beispiels zeigen, wie sehr Sünde Kreise zieht: Aus dem Apfel wird ein Sack, und letztendlich ist man ein gemeiner Dieb, der nur noch klaut. Aus den kleinsten Lügen werden große, aus einer kleinen Unaufrichtigkeit irgendwann ein großer Betrug. Wie ein Kind, dass seine Grenzen austestet, wagt man sich immer weiter vor, wenn man "Erfolg" mit einer Sünde hat.
Wer sündigt, verliert irgendwann das Gefühl für Gut und Böse, für Recht und Unrecht. Die Gottesfurcht bleibt auf der Strecke, und irgendwann sieht man - falls man überhaupt noch an Gott glaubt - in Gott bestenfalls noch den ziemlich datterigen alten Mann, der gutmütig und ziemlich dement alle Augen zudrückt. Doch Gott ist trotz Seiner ewigen Existenz nicht alt, und schon gar nicht ist Er datterig und dement. Er kann vor Sünde nicht alle Augen zudrücken und alle Fünfe gerade sein lassen: Dafür ist Er viel zu heilig.
Es ist vergleichbar mit dem Sinn für Gerechtigkeit: Je feiner es ausgeprägt ist, umso empfindlicher reagiert man auf Ungerechtigkeiten. Kinder haben ein sehr gutes Gefühl dafür, ob sie gerecht behandelt werden oder nicht.
Wir müssen uns eingestehen, dass unsere Sünden, unsere Schuld keine Bagatellen sind: Schließlich hat alles, was wir tun oder lassen, Konsequenzen. Jede noch so kleine Lüge zerstört Vertrauen. Jeder Diebstahl schadet nicht nur dem Anderen, sondern auch uns selbst. Jede Verleumdung untergräbt den Ruf unseres Nächsten. Jeden Versicherungs-, jeden Steuerbetrug und jeden Ladendiebstahl bezahlen wir mit.
Sünde macht auch ängstlich und nervös; die scheinbare Sicherheit von Ganoven und Hochstaplern übertüncht ihre Angst, irgendwann doch noch erwischt zu werden. Manch Schwarzfahrer und manch Ladendieb wurden von ihren Machenschaften nur deshalb geheilt, weil sie sich nicht erneut der Blamage, noch einmal erwischt zu werden, aussetzen wollen.
Doch es geht hierbei nicht allein um die irdische Gerichtsbarkeit, nicht allein um unseren guten Ruf, den wir uns selbst schädigen, wenn wir schuldig werden, sondern darum, dass Gott alles sieht und alles weiß.
Die Strafverfolgungsbehörden der Erde mögen wir täuschen können, und wir mögen große Schuld auf uns laden und doch vor den Menschen angesehen sein, weil wir sie blenden können, aber Gott können wir nicht entrinnen und nicht täuschen. Vor Ihm müssen wir offenbar werden und früher oder später unsere Schuld bekennen. Wenn wir nach unserem Tode vor Seinem Richterstuhl erscheinen müssen, dann "Gute Nacht", wenn unsere Schuld nicht durch das Blut Jesu abgewaschen ist.
Dafür müssen wir uns wie im Ausschnitt des Römerbriefes eingestehen, dass wir schuldig geworden sind, Sünder also, die der Begnadigung bedürfen, wenn sie nicht auf ewig verloren gehen wollen. Erst das Eingeständnis unserer Schuld und die anschließende Inanspruchnahme Seiner Erlösungstat macht uns zu Geretteten.
|