Heute nehmen wir die Sünde des Ehebruchs sehr leicht: Was bedeutet denn schon ein "kleines Auswärtsspiel", wie ein Schlager den Ehebruch verniedlichend umschrieb? Letztendlich gibt man vor, seiner Partnerin, seinem Partner treu zu sein, es ging ja nur um ein wenig Spaß. Es klingt so, als schaue man sich nur einen schönen Film im Fernsehen an oder lese zum Vergnügen ein lustiges Buch oder sitze am Wochenende in gemütlicher Runde beim Grillen.
Ehebruch aber ist keine leichte Sünde - welche Sünde ist schon leicht? -, sondern ein schweres Vergehen gegen Gottes Gebote, die uns nicht einengen, sondern befreien sollen. Es hat mit der eigenen Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit genauso zu tun wie mit der Ehe, die zu Gottes Ordnungen gehört. Erst durch stabile Ehen, die nur durch absolute Treue stabil sein können, entstehen gesunde Familien und damit die Voraussetzung für einen Staat und eine Gesellschaft, die gedeihen kann und dadurch auch gedeihen wird.
Die Tatsache, dass es in unserer Zeit so viele seelische Erkrankungen gibt - so sind z. B. Depressionen zu einer Art Volksseuche geworden -, liegt daran, dass es immer weniger funktionierende Familien gibt. Es sind schon reihenweise Bücher erschienen, die Alarm über den Zustand unserer Jugendlichen schlagen: Titel wie "Generation blöd" sprechen eine ebenso deutliche Sprache wie Untersuchungen, die zeigen, dass viele Jugendliche trotz guten Willens gar nicht mehr ausbildungsfähig sind.
Joseph hat dies erkannt und ließ sich nicht zum Ehebruch verleiten: Dabei war es sicher sehr verführerisch, mit der Frau des Pharaos ein Verhältnis anzufangen, denn schließlich hatte sie Macht und Einfluss, und wir können genauso sicher sein, dass sie auch sehr hübsch gewesen ist. Ein Fehltritt aber - ganz gleich, wie schön die Versuchung auch scheinen mag - hat stets negative Konsequenzen; er verwundet und zerstört Vertrauen.
Dass Joseph dieser Versuchung stand gehalten hat, zeugt von Stärke, von Reife, von Charakter. Dies sollten wir uns gerade in der heutigen Zeit zum Vorbild nehmen. Wenn unsere Beziehungen fest und durch Treue getragen sind, dann entstehen viele Probleme erst gar nicht, und die, die entstehen, lassen sich leichter und vor allem gemeinsam lösen.
Versuchungen zu widerstehen erfordert oft sehr viel Rückgrat, hat aber auch den entsprechenden Segen zur Folge. Es ist so ähnlich wie mit dem faulen und dem fleißigen Schüler: Der fleißige Schüler arbeitet von Anfang des Schuljahres im Unterricht mit und hat am Ende nicht nur weniger Arbeit, sondern auch mehr Erfolg als der faule. Wer Versuchungen nachgibt, beginnt sich selbst zu verzetteln und lädt dann eine große Schuldenlast auf sich. Hier spreche ich, auch wenn ich nie Ehebruch beging, aus Erfahrung. Der Rat der Anonymen Alkoholiker ist hier in einem übertragenen Sinn eine gute, sehr weise Hilfe: "Wer das erste Glas Alkohol nicht trinkt, braucht sich um das zweite keine Gedanken zu machen." - Das schließt den verantwortlichen Alkoholgenuss bei Gesunden nicht aus, sondern mahnt vor Fehlentwicklungen. So ist es mit der Sünde: Wer die erste Lüge nicht begeht, muss sich um die zweite keine Gedanken machen. Wer die erste Sünde nicht tut, der muss sich um die zweite nicht sorgen.
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