Hin und wieder, wenn sich jemand bedankt, weil ich ihm z. B. eine Tasse Kaffee eingeschüttet habe oder beim Kaffeeklatsch die Milch herüber gegeben habe, sage ich aus Spaß: "Ich weiß ja ohnehin, dass ich viel zu gut für diese Welt bin!" Jeder weiß natürlich, dass dies nicht wirklich ernst gemeint ist, und doch erwische ich mich oft genug dabei, wie ich mich gerne besser mache, als ich wirklich bin.
Das scheint eine allzu menschliche Schwäche zu sein: Fast jeder Mensch neigt - wenigstens vor sich selbst - zum Eigenlob, und auch dort, wo man vordergründig Bescheidenheit übt, ist diese eher mehr als weniger ein Wink mit dem Zaunpfahl, um gelobt zu werden. Nicht nur der Pharisäer aus dem Gleichnis mit dem Zöllner versteht sich blendend auf die Selbstbeweihräucherung, und vor manchen Menschen flieht man eilends, weil die eigene Darstellung der Gutheiten peinlich, nervig und aufdringlich ist.
Dabei ist es auch hier wie überall anders: Wer angibt, hat es nötig! - Beim Militär gibt es einen Satz, der es ebenfalls auf den Punkt bringt: "Bei denjenigen, die am Lautesten mit ihrem hervorragenden Allgemein- und Fachwissen protzen, ist die einzige Bildung, die man bemerkt, die Bildung von Rost an ihren Gewehren!" Und wer erinnert sich nicht an die selbsternannten Musterschüler und Einserkandidaten während der eigenen Schulzeit, deren beste Note allenfalls eine Gnadenvier war?
Doch mal ehrlich: Im Grunde halten wir uns alle - ich schließe mich da ein! - doch für gute, ganz passable Menschen. Selbst für unsere Fehltritte, für unsere Lügen, für unsere moralischen Ausrutscher jeder Art haben wir doch tausend Ausreden, angefangen von jugendlichem Leichtsinn über eine falsch verstandene Männlichkeit bis hin, dass nur die Anderen Schuld sind, wenn wir ethisch zweifelhaft gehandelt haben. Sachzwänge und Umstände werden genauso vorgeschoben wie Fehleinschätzungen und vieles Andere. Das, was wir oft Höflichkeit nennen, ist aber selbst bei oberflächlichem Hinsehen Bequemlichkeit und die Angst vor negativen Konsequenzen, wenn man bei der Wahrheit bleibt. Und mit den bekennenden Gutmenschen machen wir doch in der Regel die schlechtesten Erfahrungen.
Sind wir aber ehrlich, so müssen wir alle zugeben, dass wir Sünder sind. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es Menschen gibt, die nur deshalb Atheisten sind, weil sie spüren, dass sie vor einem lebendigen, gerechten Gott nicht bestehen können, sich aber dieser Tatsache nicht stellen wollen: Schließlich hat jeder seine berühmte Leiche im Keller. Und wenn ich mir selbst gegenüber ehrlich bin, dann ist die Liste meiner Sünden allemal länger als die meiner Guttaten, selbst wenn ich alles zu meinen Gunsten auslege.
Wir Menschen sind nicht wirklich gut, auch wenn wir es gerne sein wollen. Wir sind Egoisten, wir sind Neider, wir sind oft genug hartherzig. Und wenn wir eine Bitte erfüllen, dann fragen wir nur ganz selten danach, ob es dem Anderen wirklich zum Segen dient. Tut es einem Menschen wirklich gut, wenn wir ihm eine Flasche Bier spendieren, obwohl wir wissen, dass er alkoholabhängig ist?
Letztendlich führt auch der Spruch - "Wenn ich es nicht tue, dann tut es ein Anderer!" - in die Irre. Es geht nicht darum, ob es irgendjemand anders tun würde, sondern darum, ob das, was man tut, richtig ist oder nicht. Der Hinweis, dass Andere vielleicht wirklich schlechter sind als wir, ändert nichts daran, dass wir vor Gott nur dann bestehen können, wenn wir uns in Christi Blut reinwaschen lassen. Durch eigene Kraft wird niemand den Weg in den Himmel schaffen: Das ist die große, raffinierte Lüge des Satans, die man in allen Selbsterlösungsideologien der verschiedenen Religionen und Philosophien findet. Die fatale humanistische Lehre, der Mensch sei im Grunde gut, hält in der Wirklichkeit nicht einmal für Sekundenbruchteile stand.
Vor allem dürfen wir niemals vergessen, dass wir es mit einem absolut heiligem Gott zu tun haben, der selbst die aller kleinste Sünde in Seiner Gegenwart nicht ertragen kann. Das ist auch gut so, denn jede noch so kleine Sünde gebiert viele neue und vor allem immer grössere Sünden. Bevor jemand zu einem Gewaltverbrecher wird, stumpft er erst einmal sein Gewissen ab. Selbst die Geschichte beweist, dass jeder Völkermord zunächst mit scheinbar harmlosen Lügen und Sticheleien begann.
Jeder Einzelne von uns bedarf der Erlösung durch Jesus Christus, denn wir alle sind Sünder, sind moralisch gescheitert. Ohne Jesus schaffen wir keine Veränderung. Erst durch Ihn werden wir aus der Knecht- und Gefangenschaft der Sünde befreit, und dies gilt nur dann, wenn wir Ihm bekennen, dass wir Sünder sind und uns unter Sein Blut stellen. Nur derjenige, der Jesus als Seinen ganz persönlichen Retter und Erlöser annimmt, kommt aus diesem Dilemma heraus.
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