Die Pharisäer und Schriftgelehrten hatten eine grossartige Schriftkenntnis: Als die Weisen aus dem Morgenlande fragten, wo Jesus - der neue König der Juden - geboren wäre, konnten sie Herodes direkt sagen, dass es in Bethlehem ist; sie wussten auch, dass die Zeit erfüllt war. Und dennoch rechneten sie nicht mit dem Messias, nein, sie erkannten ihn nicht einmal, als Er Seine Zeichen und Wunder wirkte und vor ihnen predigte. Nein, sie sorgten vielmehr dafür, dass Er verraten wurde und bezahlten den Verräter - daher kommt ja auch der Begriff "Judaslohn". Es waren die Pharisäer und Schriftgelehrten, die die Massen aufhetzten, damit Jesus fest genommen, gefoltert, verurteilt und letztendlich gekreuzigt wurde. Doch selbst, als Jesus am dritten Tage aufstand, hatten die Schriftgelehrten und Pharisäer nichts verstanden.
Wie das, wo sie doch die Bücher und die Propheten geradezu auswendig wussten? Sie kannten die Kommentare, ja, sie verfassten selbst welche und setzten sich mit den Schriften mit einem Eifer auseinander, von dem ich gern nur die Hälfte hätte? - Die Antwort ist einfach: Sie hatten keine wirkliche, keine lebendige Beziehung zu Gott.
Das kann man auch heute noch vielfach beobachten. Wie sieht es denn oft aus? In vielen Kirchen sind die Mehrheit der Mitglieder Karteileichen; andere, die sich engagieren, tun dies entweder nur aus Berechnung oder aber, weil es ihnen um Geselligkeit geht.
Auch in Sekten wie den Zeugen Jehovas kann man oft erkennen, dass es hier viel Schriftkenntnis, aber kein Verständnis der Bibel gibt: Pflichterfüllung statt einer wirklichen Vater-Kind-Beziehung zu Gott stehen hier im Vordergrund. Man tut Dinge, die man für richtig hält, weil man sie als Pflicht ansieht. Hier wird jede Handlung zu einem Muss, zu einem Zwang.
Mir ist da eine lebendige Beziehung zu Gott viel angenehmer: Weil ich mit Ihm alles besprechen kann und darf, freue ich mich, wenn ich Sein Wort lesen darf. Ich bespreche das Gelesene mit Gott. Das vergrössert mein Verständnis, und ich bemerke, wie ich verändert werde. Friede und Ruhe kehren in mein Herz, was auch andere bemerken. Für mich ist die Teilnahme am Gottesdienst keine Pflicht, kein Muss, sondern ein Dürfen. Ich fühle sogar Dankbarkeit dafür, diesen Text, diese Andacht für Ihn schreiben zu können.
Weil Gott mein Vater ist, kann ich mich vertrauensvoll an Ihn wenden, selbst wenn ich mal wieder ganz grossen Mist gebaut habe: Auch wenn Seine Hand mich dann schlägt, damit ich begreife, dass ich etwas falsch gemacht habe und es nicht wiederhole, so weiss ich doch, dass Er mich liebt.
Aus dieser Liebe heraus ist es auch leichter, das zu tun, was Gott von einem möchte. Dann ist auch die Motivation eine andere: Die Erfüllung der Gebote geschieht nicht aus Angst oder Furcht vor Bestrafung heraus, sondern deshalb, weil man Gott eine Freude machen möchte. Gelingt es einem, dann freut man sich selbst, misslingt es, dann steckt man den Kopf nicht in den Sand, sondern man versucht, es besser zu machen, und Übung macht bekanntlich den Meister. Erfolgserlebnisse bleiben da nicht aus.
Durch meine lebendige Beziehung zu Gott werde ich auch selbst lebendiger. Diese lebendige Beziehung schafft Lebensfreude. Sie gibt selbst dann Kraft, wenn alles aussichtslos erscheint. Man wird sympathischer, man gibt selbst ein positiveres Bild ab.
Die lebendige Beziehung lässt mich auch in Seinem Wort lesen. Die Schriftkenntnis, die ich dadurch gewinne, ist aber nicht nur vordergründig, sie ist nicht nur Wissen, sondern verleiht auch Weisheit, sie lässt erkennen, wo die Prioritäten und Wertigkeiten liegen. Sie baut Brücken, Wege und Strassen statt Mauern, sie öffnet Türen statt sie zu verschliessen. Und deshalb freue ich mich, dass meine Beziehung zu Gott lebendig ist.
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