Wenn wir einen Fehler machen, dann haben wir dafür tausend Erklärungen, und schuld sind meist die Anderen. Und auch, wenn wir zugeben, schuldig geworden zu sein und gesündigt zu haben, dann fordern wir Vergebung wie selbstverständlich ein. Aber wehe ein Anderer hat etwas verbockt: Dann können wir ganz schön nachtragend sein.
Wenigstens geht es mir so! Und dann schleppe ich die Schuld der Anderen, die Verletzungen und Wunden mit mir rum; ich pflege sie förmlich, damit sie auch schön wachsen. Eigentlich weiss ich, dass das keinen Sinn macht. Wenigstens nicht wirklich. Man tut sich damit wirklich keinen Gefallen. Energien werden gebunden, ja, man macht sich damit förmlich selber fertig.
Vergebung ist deshalb wichtig, weil wir damit viel Ballast abschütteln können und Wunden die Möglichkeit geben zu heilen. Sicher ist Vergebung nicht immer leicht: Wenn man hunderttausend Mal betrogen wurde, dann hat man - mit Verlaub - die Schnauze einfach gestrichen voll. Für Opfer von Gewaltverbrechen ist vergeben ein besonders schweres Ideal: Wer krankenhausreif oder gar zum Invaliden geschlagen wurde, weiss, dass es hier nicht allein um die körperlichen Wunden geht, die ja wirklich mehr als schlimm genug sind: Die Seele wird mit verletzt, und dies gravierend. Geiseln sind oft noch Jahrzehnte später traumatisiert, selbst wenn sie mit heiler Haut davon gekommen sind.
Doch Vergebung ist und bleibt wichtig. Jesus wusste und weiss das. Nicht nur im "Vater unser" fordert Er uns auf, den Anderen zu vergeben und für die eigenen Feinde zu beten. Am Kreuz betete Jesus selbst im Angesicht Seines grausamen Sterbens: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" Auch dem Schächer zu Seiner Rechten sprach Jesus noch Vergebung zu: "Ich sage Dir: Noch heute wirst Du mit mir im Paradiese sein!"
Wer Anderen vergeben kann, wird auch mit dem eigenen Scheitern und Versagen, mit der eigenen Unzulänglichkeit und Schuld fertig. Wer Anderen vergeben kann, baut eine Brücke und macht möglich, dass der Andere einem selbst vergibt. Schuld ist meistens keine Einbahnstraße.
Wo keine Vergebung ist, haben wir auch die destruktive und tödliche Spirale von Rache. Was bringt uns das? Hass und Gewalt haben immer schon ganze Familien zerstört; nicht nur die Blutrache, wie sie in einigen Ländern noch üblich ist, sondern auch die Klagewelle an deutschen Gerichten hat ganze Familien ins Unglück gestürzt.
Vergeben ist wichtig, weil so wieder Neues entstehen und wachsen kann, aber auch, weil es Voraussetzung ist, dass Gott uns vergibt. Seine Vergebung haben wir ganz besonders nötig. Er gab schließlich Seinen eingeborenen Sohn, das Wertvollste, was es gibt: Jesus. Darüber hinaus ist Gott in Seiner Majestät so heilig, dass Er keine Sünde ertragen kann, selbst nicht die Allerkleinste. Dass wir vergeben, ist die Voraussetzung für Gottes Vergebung. Also lasst uns vergeben! Und beherzigen wir nachfolgendes Gleichnis:
Von der Vergebung (»Der Schalksknecht«) Matthäus 18,21-35
Da trat Petrus zu ihm und fragte: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Darum gleicht das Himmelreich einem König, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Und als er anfing abzurechnen, wurde einer vor ihn gebracht, der war ihm zehntausend Zentner Silber schuldig. Da er's nun nicht bezahlen konnte, befahl der Herr, ihn und seine Frau und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen und damit zu bezahlen. Da fiel ihm der Knecht zu Füßen und flehte ihn an und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's alles bezahlen. Da hatte der Herr Erbarmen mit diesem Knecht und ließ ihn frei und die Schuld erließ er ihm auch.
Da ging dieser Knecht hinaus und traf einen seiner Mitknechte, der war ihm hundert Silbergroschen schuldig; und er packte und würgte ihn und sprach: Bezahle, was du mir schuldig bist! Da fiel sein Mitknecht nieder und bat ihn und sprach: Hab Geduld mit mir; ich will dir's bezahlen. Er wollte aber nicht, sondern ging hin und warf ihn ins Gefängnis, bis er bezahlt hätte, was er schuldig war.
Als aber seine Mitknechte das sahen, wurden sie sehr betrübt und kamen und brachten bei ihrem Herrn alles vor, was sich begeben hatte. Da forderte ihn sein Herr vor sich und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und sein Herr wurde zornig und überantwortete ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war.
So wird auch mein himmlischer Vater an euch tun, wenn ihr einander nicht von Herzen vergebt, ein jeder seinem Bruder.
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