Im sechsten Kapitel, Verse 1-18 des Matthäus-Evangeliums weist Gott uns darauf hin, dass wir im Verborgenen Almosen geben, also Gutes tun sollen und dass wir auch im Verborgenen beten und fasten sollen. Das trifft irgendwo unser Ego: Schließlich wollen wir für das, was wir tun, gelobt werden. PR-Agenturen raten doch schließlich auch ihren Kunden: "Tue Gutes und rede darüber!" Und man muss sich doch letztendlich nicht schämen, wenn man einem Bedürftigen etwas gibt, wenn man Gutes tut, wenn man betet oder fastet!
Doch worum geht es? Geht es uns wirklich darum, Gutes zu tun oder uns gut darzustellen? Sind wir wirklich fromm oder dient unsere Frömmigkeit nur der äußeren Show, weil wir uns durch den Kirchgang Kontakte erhoffen, um eine Stelle zu bekommen, Karriere zu machen oder neue Geschäftskontakte zu knüpfen bzw. zu pflegen? Beten wir, weil wir Gott loben, preisen, anbeten und ehren wollen, weil wir Ihm vertrauen und deshalb unsere Bitten vortragen oder wollen wir uns als besonders vorbildliche Gemeindemitglieder verkaufen? Geht es uns beim Fasten wirklich um das Fasten oder wollen wir Mitleid erregen, weil wir vorgeben, aus gesundheitlichen Gründen zu fasten oder wollen wir Lob ernten, weil wir damit zeigen wollen, wie diszipliniert wir doch sind und wie bescheiden?
Wir kennen doch alle den Spruch: "Wer angibt, hat es nötig!" Und es ist wahr: Je mehr jemand prahlt, umso grösser ist seine innere Leere, umso mehr fühlt er sich schwach, minderwertig und überflüssig. Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein sind keine Angeber. Wer sich sicher ist, dass seine sozialen Beziehungen in Ordnung sind, prahlt nicht mit seinem Freundeskreis. Wirklich gute Schüler protzen nicht mit ihren Einsen. Wenn unsere Wohltätigkeit, wenn unsere Beziehung zu Gott in Ordnung ist, wenn wir aus Überzeugung beten und fasten, dann müssen wir damit nicht prahlen. Wir tun es aus Liebe vor allem zu Gott, aber auch zu den Menschen.
Es erhebt sich auch die Frage, was wir empfinden würden, wenn jemand ausposaunt, dass er uns aus einer misslichen Situation geholfen hat; schließlich wäre es mir persönlich sehr peinlich, wenn jemand überall herum erzählt, dass er mir Geld vorgestreckt hat, weil ich im Supermarkt erst beim Bezahlen bemerkte, dass ich meinen Geldbeutel zuhause vergessen habe. Warum sollte ich es dann ausposaunen, wenn ich jemand anders einen Gefallen getan habe? Dem Anderen ist es vielleicht genauso peinlich oder sogar noch peinlicher als mir in derselben Situation. Vor allem macht es einen schlechten Eindruck, wenn man von der eigenen Gutheit erzählt und damit prahlt, welch ein barmherziger Samariter man doch ist: Es wirkt indiskret und peinlich. Wer will schon von jemandem Trost beim Verlust eines lieben Menschen, wenn man das, was man anvertraute, nun im ganzen Dorf, in der ganzen Stadt hört?
Sicher: Nicht immer ist Anonymität beim Helfen gewährleistet. Wenn ich zum Blut spenden gehe, dann sehen mich Menschen. Wer sich bei der Feuerwehr, beim Roten Kreuz, beim Katastrophenschutz engagiert, bleibt nicht ungesehen. Besuchsdienste, die sich älterem Menschen zuhause oder Einsamen in Krankenhäusern und Seniorenheimen zuwenden, können sich ja nicht unkenntlich oder gar unsichtbar machen. Doch geht es uns, wenn wir dieses tun, darum, wirklich zu helfen oder darum, uns zu produzieren? - Es macht einen Unterschied, ob sich jemand Zeit nimmt, Einsame zu besuchen bzw. einzuladen, weil er es aus Liebe zu Gott und zu den Menschen tut oder ob es für ihn Pflichterfüllung oder eine Goodwill-Kampagne in eigener Sache ist.
Eine gute Tat wird erst dann zu einer guten Tat, wenn die Motivation, die dahinter steckt, von Liebe getragen wird und nicht von Angeberei oder einer PR-Arbeit in eigener Sache. Es geht nicht darum, mit dem Guten zu protzen, sondern das Gute zu tun, weil man Gott liebt und deshalb Seine Gebote zu halten, um Ihm zu gefallen. Vor allem kann man sich auf das Beten besser konzentrieren, wenn man es hinter verschlossenen Türen tut oder im Haus- und Gebetskreis. Wer darauf achtet, ob den Menschen die eigene vermeintliche Frömmigkeit auffällt, konzentriert sich doch nicht wirklich auf das Beten, und es geht ihm auch nicht um das Beten als solches.
Ein sehr gefälliger Mann hat einmal, als man sich bei ihm für viele Gefälligkeiten bedanken wollte, ziemlich burschikos geantwortet: "Keine Volksreden bitte: Beweihräuchern kann ich mich alleine zuhause vor dem Spiegel!" Das zu tun, was man tun kann, um Gottes Willen im Alltag aus Liebe zu Ihm und aus Dankbarkeit für Jesu Erlösungstat von Golgatha, wenn man sie für sich ganz persönlich in Anspruch genommen hat, zu tun und nicht die eigene Ehre, sondern Gottes Ehre zu suchen, das soll unser Leitmotiv sein.
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